Strafrecht aus Beschuldigtensicht

(Letzte Aktualisierung: 23.01.2024)

Inhalt

Was ist ein Beschuldigter?

Beschuldigter ist derjenige, gegen den ein Strafverfahren eingeleitet wurde.

Im Sprachgebrauch der StPO ist man solange Beschuldigter, bis man rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen wurden. Im allgemeinen juristischen Sprachgebrauch bezeichnet man jemanden aber nur als Beschuldigten, bis das Ermittlungsverfahren abgeschlossen ist, ab Anklageerhebung nur noch als Angeschuldigten bzw. später als Angeklagten.

Was ist ein Angeschuldigter?

Angeschuldigter ist der, gegen den den Anklage erhoben wurde, diese aber noch nicht zugelassen wurde. Die Staatsanwaltschaft will also anklagen, das Gericht muss aber im sog. Zwischenverfahren noch prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Strafprozess vorliegen.

Was ist ein Angeklagter?

Angeklagter ist der Beschuldigte, gegen den bereits die Anklage zugelassen ist. Er wird sich also in nächster Zeit vor Gericht verantworten müssen.

Muss ich als Beschuldiger bei der Polizei aussagen?

Nein, es steht Ihnen frei, etwas zu sagen. Sie müssen nicht einmal zur Vernehmung kommen, dann empfiehlt es sich aber, kurz telefonisch abzusagen.

Ob es sinnvoll ist, etwas zur Sache zu sagen, muss man nach Berücksichtigung aller bisher bekannten Umstände entscheiden. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, zunächst einen Anwalt zu konsultieren.

Muss ich als Beschuldiger bei der Staatsanwaltschaft aussagen?

Nein, es steht Ihnen frei, etwas zu sagen. Im Gegensatz zur polizeilichen Vernehmung sind Sie aber verpflichtet, zu erscheinen und Ihre Personalien anzugeben.

Ob es sinnvoll ist, etwas zur Sache zu sagen, muss man nach Berücksichtigung aller bisher bekannten Umstände entscheiden. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, zunächst einen Anwalt zu konsultieren.

Muss ich als Angeklagter vor Gericht aussagen?

Nein, es steht Ihnen frei, etwas zu sagen. Im Gegensatz zur vorprozessualen polizeilichen Vernehmung sind Sie aber in aller Regel verpflichtet, zu erscheinen, Ihre Personalien anzugeben und während der Verhandlung anwesend zu sein.

Ob es sinnvoll ist, etwas zur Sache zu sagen, muss man nach Berücksichtigung aller bisher bekannten Umstände entscheiden. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, zunächst einen Anwalt zu konsultieren.

Kann ich mich dagegen wehren, dass die Staatsanwaltschaft gegen mich ermittelt?

Nein, dagegen ist kein Rechtsmittel vorgesehen. Denkbar ist zwar eine Einschaltung der Dienstaufsicht, dies dürfte aber in aller Regel keinerlei Erfolg haben.

Die beste Gegenmaßnahme ist es, sich im Verfahren professionell zu verteidigen und so auf eine Einstellung des Verfahrens hinzuwirken.

Das Gericht hat die Anklage gegen mich zugelassen. Kann ich mich dagegen wehren?

Nein, hier gibt es kein Rechtsmittel. Es kommt nun auf jeden Fall zu einer Hauptverhandlung vor Gericht.

Allerdings sollten Sie spätestens jetzt unbedingt einen Anwalt konsultieren, damit dieser Ihre Verteidigungsstrategie vorbereiten und auf einen Freispruch oder zumindest auf einen glimpflichen Ausgang hinarbeiten kann.

Welche Beweismittel gibt es?

Im Strafverfahren gibt im Wesentlichen fünf Beweismittel:

Sachverständige
Augenscheinsobjekte
Beschuldigtenvernehmung
Urkunden
Zeugen

Diese fasst man nach den Anfangsbuchstaben als „SABUZ“ zusammen (im Zivilrecht gibt es keinen Beschuldigten, sondern Parteien, darum spricht man von „SAPUZ“).

Die Beschuldigtenvernehmung wird teilweise nicht als Beweismittel, sondern als gesonderte Erkenntnisquelle gesehen. Das ist aber ein rein akademischer Streit, der für die Praxis völlig egal ist.

Welche Gerichte gibt es?

Die Hauptverhandlung findet erstinstanzlich vor einem der folgenden Gerichte statt:

  • Einzelrichter beim Amtsgericht
  • Schöffengericht beim Amtsgericht (ein Richter und zwei normale Bürger)
  • Große Strafkammer beim Landgericht (zwei Richter und zwei normale Bürger)
  • Schwurgericht beim Landgericht (drei Richter und zwei normale Bürger)
  • Oberlandesgericht (drei Richter)

Das Oberlandesgericht ist in der Praxis kaum relevant und nur für einige seltene Staatsschutzdelikte zuständig. Das Schwurgericht verhandelt nur über Tötungsdelikte. Ob der Einzelrichter, das Schöffengericht oder die Strafkammer zuständig ist, richtet sich in aller Regel nach der Schwere der angeklagten Taten und dem zu erwartenden Strafmaß.

Wofür sind Schöffen da?

Schöffen sind Laienrichter, also ganz normale Bürger, die ab und zu an Gerichtsverfahren teilnehmen und mitentscheiden. Beim Schöffengericht und bei den Strafkammern (kleine/große Strafkammer, Schwurgericht) gibt es jeweils zwei Schöffen. Sie sind grundsätzlich mit dem gleichen Stimmrecht wie der/die Berufsrichter ausgestattet.

Durch die Mitwirkung von Schöffen bei allen schwereren Delikten soll eine „Demokratisierung“ der Rechtspflege erreicht werden, damit nicht ausschließlich Juristen die Richtersprüche verfassen.

Welche Rechtsmittel gibt es gegen ein Urteil?

Die Rechtsmittel gegen ein Strafurteil richten sich danach, welches Gericht in erster Instanz zuständig war. Die grundsätzlichen Rechtswege lauten:

Amtsgericht -> Landgericht (Berufung) -> Oberlandesgericht (Revision)
Landgericht -> Bundesgerichtshof (Revision)
Oberlandesgericht -> Bundesgerichtshof (Revision)

Was bedeutet Berufung?

Gegen Urteile der Amtsgerichte (Strafrichter oder Schöffengericht) kann Berufung zum Landgericht (kleine Strafkammer) eingelegt werden. Die Berufungsverhandlung wiederholt die erstinstanzliche Verhandlung, es werden also grundsätzlich die Beweise neu erhoben und neu bewertet. Man spricht insoweit von einer zweiten Tatsacheninstanz. Es kann passieren, dass das zweite Gericht einem Zeugen glaubt, den das erste Gericht für einen Lügner hielt, und umgekehrt.

Die Revision ist dagegen nur eine Prüfung auf Rechtsfehler.

Was bedeutet Revision?

Die Revision ist ein Rechtsmittel gegen Urteile des Landgerichts und gegen die (sehr seltenen) erstinstanzlichen Urteile des Oberlandesgerichts. Sie ist eine reine Prüfung auf Rechtsfehler. Ob das vorherige Gericht einen Beweis unrichtig gewürdigt hat, also z.B. eine Urkunde fälschlicherweise für echt hielt, ist nicht mehr relevant. Denn die Tatsachen, die das Gericht festgestellt hat, werden für gegeben erachtet. Das Revisionsgericht fragt sich im Wesentlichen nur noch, ob das Gericht an diese Tatsachen die vom Gesetz angeordneten Rechtsfolgen geknüpft hat.

Was ist ein Strafbefehl?

Ein Strafbefehl ist im Prinzip ein schriftliches Urteil. Er wird vom Gericht im Zwischenverfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft erlassen. Eine eingehende Prüfung erfolgt insoweit normalerweise nicht, ein Strafbefehl ist also keinesfalls eine Vorverurteilung.

Gegen den Strafbefehl kann der Angeschuldigte Einspruch einlegen, dann kommt es zum ganz normalen Hauptverfahren.

Welche Rechtsfolgen darf ein Strafbefehl festsetzen?

Der Strafbefehl lautet üblicherweise auf Geldstrafe, häufig finden auch verkehrsrechtliche Maßnahmen wie ein Führerscheinentzug statt.

Das Gesetz (§ 407a Abs. 2 StPO) sagt:

Durch Strafbefehl dürfen nur die folgenden Rechtsfolgen der Tat, allein oder nebeneinander, festgesetzt werden:

1. Geldstrafe, Verwarnung mit Strafvorbehalt, Fahrverbot, Verfall, Einziehung, Vernichtung, Unbrauchbarmachung, Bekanntgabe der Verurteilung und Geldbuße gegen eine juristische Person oder Personenvereinigung,

2. Entziehung der Fahrerlaubnis, bei der die Sperre nicht mehr als zwei Jahre beträgt,

2a. Verbot des Haltens oder Betreuens von sowie des Handels oder des sonstigen berufsmäßigen Umgangs mit Tieren jeder oder einer bestimmten Art für die Dauer von einem Jahr bis zu drei Jahren sowie

3. Absehen von Strafe.

Bei höheren Strafen kommt ein Strafbefehl nur in Betracht, wenn der Angeschuldigte einen Verteidiger hat, der ihn entsprechend beraten kann. Dann kann auch bei einer Bewährungsstrafe bis zu einem Jahr eine Hauptverhandlung vermieden werden.

Was ist eine Selbstanzeige?

Im weiteren Sinne bedeutet eine Selbstanzeige, dass man sich bei der Polizei oder Staatsanwalt meldet und anzeigt, dass man selbst gewisse Straftaten begangen hat. Diese Selbstanzeige hat an sich keine besondere Bedeutung, sie führt in aller Regel genauso zum Strafverfahren wie die Anzeige gegen eine andere Person.

Wirkliche Bedeutung hat die Selbstanzeige eigentlich nur bei Steuerstraftaten wie der Steuerhinterziehung. Hier kann es unter gewissen Umständen strafbefreiend sein, wenn man sich selbst anzeigt.

Welche Vorteile bietet ein Strafbefehl?

Beim Strafbefehl kann sich der Angeschuldigte in Ruhe überlegen, ob er die Rechtsfolgen annimmt. Vor allem, wenn er die Tat gestanden hat, kann es ja nur um eine möglichst milde Strafe gehen. Kann man mit dem Strafmaß des Strafbefehls leben, gibt es häufig keinen Grund für einen Einspruch. Über realistische Aussichten insoweit berät einen natürlich der Anwalt am besten.

Zudem entgeht man einer ob stigmatisierenden öffentlichen Hauptverhandlung. Für viele Angeklagte ist es sehr unangenehm, „auf dem Präsentierteller“ zu sitzen. Der Strafbefehl ist dagegen als Verurteilung im schriftlichen Verfahren sehr viel diskreter.

Auch in der Außendarstellung kann man sich eher als Sieger fühlen – man wurde nicht wirklich verurteilt, sondern hat sich mit dem Staatsanwalt „geeinigt“. Rechtstechnisch stimmt das so zwar nicht, denn auch der Strafbefehl ist ein vollwertiges Urteil, aber nach außen kann man das durchaus so bezeichnen.

Was kann ich gegen einen Strafbefehl tun?

Gegen den Strafbefehl kann Einspruch eingelegt werden, damit es zu einer regulären mündlichen Verhandlung vor Gericht kommt. Gemäß § 410 Abs. 1 StPO muss der Einspruch schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts eingelegt werden. Eine Begründung ist nicht notwendig. Die Frist beträgt zwei Wochen.

Für den Einspruch benötigen sie keinen Verteidiger, es empfiehlt sich jedoch, spätestens an dieser Schlüsselstelle einen Anwalt zu konsultieren.

Kann ein Strafbefehl zurückgenommen werden?

Ja, im Gegensatz zu einer Anklageschrift kann ein Strafbefehl durch die Staatsanwaltschaft zurückgenommen werden. Dies gilt auch dann noch, wenn das Gericht ihn bereits erlassen hat. Einen Rechtsanspruch hierauf gibt es selbstverständlich nicht und es kommt auch sehr selten vor.

Auf eine Rücknahme des Strafbefehls kann man in aller Regel nicht hoffen. Stattdessen sollte man bereits im Vorverfahren dafür sorgen, dass von vornherein zu keinem Strafbefehl kommt.

Was bedeutet eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO?

Wird das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, dann war die Staatsanwaltschaft nicht davon überzeugt, dass der Beschuldigte die Tat begangen hat und außerdem alle Voraussetzungen für eine Verurteilung vorliegen. Sie hielt es also für wahrscheinlich, dass er in einem Gerichtsverfahren freigesprochen würde.

Insofern ist das die von der Begründung her „beste“ Einstellung, da sie einem außergerichtlichen Freispruch nahekommt.

Was bedeutet eine Einstellung nach § 153 StPO?

Ein Verfahren kann nach § 153 StPO eingestellt werden, wenn „die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht“. Das ist noch keine Aussage darüber, ob der Beschuldigte die Tat wirklich begangen hat. Aber sogar, wenn er sich als Täter herausstellen würde, wäre seine Schuld immer noch geringfügig.

Auf eine derartige Einstellungsentscheidung gibt es keinen Rechtsanspruch. Insbesondere ist es ausschließlich Sache der Staatsanwaltschaft, festzustellen, ob ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung vorliegt.

Was bedeutet eine Einstellung nach § 153a StPO?

Auch eine Einstellung nach § 153a ist eine Verfahrenseinstellung, die keine Aussage über die Täterschaft liefert. Allerdings besteht hier in der Regel schon eine höhere Wahrscheinlichkeit als bei § 153. Zudem liegt ein öffentliches Interesse an der Anklageerhebung vor.

Daher erfolgt die Einstellung hier nur gegen eine Art „Gegenleistung“. Häufig wird eine Geldauflage vereinbart, die der Beschuldigte leisten muss. Dazu wird das Verfahren zunächst vorläufig eingestellt und eine Frist zur Erbringung der Leistung festgesetzt. Erst danach wird das Verfahren endgültig eingestellt.

Das Verfahren wird also faktisch nicht völlig ohne Folgen eingestellt, es erfolgt schon eine gewisse Sanktion. Diese stellt aber keine Geldstrafe dar, es handelt sich um keine Verurteilung, sondern um eine freiwillige Leistung.

Beim Aushandeln dieser Option sollten Sie auf jeden Fall einen Anwalt einschalten.

Was bedeutet eine Einstellung nach § 154 StPO?

Eine Einstellung nach § 154 StPO ist kein gutes Zeichen. Dieser Paragraph setzt voraus, dass ein Beschuldigter mehrere Straftaten begangen hat und es wahrscheinlich ist, dass er wegen der schwereren Tat(en) verurteilt wird. Daneben fällt dann ein weniger schwerer Vorwurf nicht ins Gewicht, sodass das Verfahren insoweit eingestellt wird.

Hat jemand beispielsweise eine Beleidigung und eine Vergewaltigung begangen, kann das Verfahren wegen ersterer ohne Weiteres eingestellt werden – freuen wird sich Betroffene darüber aber in aller Regel nicht.

Was bedeutet eine Beschränkung nach § 154a StPO?

Man kann grundsätzlich mehrere Taten durch dieselbe Handlung begehen. Wer ein Fenster einschlägt, um etwas aus einer Wohnung zu stehlen, begeht eine Sachbeschädigung, einen Hausfriedensbruch und einen Wohnungseinbruchsdiebstahl.

Wird die Verfolgung nach § 154a StPO beschränkt, so konzentriert man sich auf einzelne Delikte, in der Regel die schwerwiegendsten, und lässt die übrigen dahingestellt. Der Täter hat hiervon in aller Regel keinerlei Vorteil.

Was ist ein Täter-Opfer-Ausgleich?

Beim Täter-Opfer-Ausgleich wird versucht, die Tat wiedergutzumachen. Wenn der Täter auf diese Weise die Folgen seiner Tat vollständig oder großteils beseitigt, kann er auf eine niedrigere Strafe, unter Umständen sogar auf Straffreiheit hoffen.

Das Gesetz sagt:

§ 46a StGB – Täter-Opfer-Ausgleich, Schadenswiedergutmachung

Hat der Täter

1. in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2. in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

Ihr Anwalt wird Sie gerne beraten, welche Formen des Ausgleichs möglich sind und wie sie sich auswirken.

Wer muss als Zeuge vor Gericht aussagen?

Grundsätzlich muss vor Gericht jeder als Zeuge aussagen, der geladen wird. Allerdings können folgende Personen die Aussage verweigern:

  • § 52 StPO: Angehörige des Beschuldigten (Verwandte, derzeitige und frühere Ehepartner, Verlobte)
  • § 53 StPO: Berufsgeheimnisträger (Ärzte, Anwälte, Pfarrer usw.)
  • § 53a StPO: Angestellte der Berufsgeheimnisträger

Aber auch diese Personen dürfen nur gar keine Aussage machen. Wenn sie sich dafür entscheiden, doch auszusagen, dürfen sie keinesfalls lügen.

Darf der Angeklagte lügen?

Diese Frage wird seit langem diskutiert und ein wirkliches Ergebnis gibt es nicht.

Kurz gesagt: Er kann nicht dafür belangt werden, wenn er lügt.

Denn der Angeklagte steht nicht unter Wahrheitspflicht und ist daher nie wegen Falschaussage, Meineids oder Strafvereitelung strafbar. Ob er deswegen auch lügen „darf“, ist umstritten. Jedenfalls wirkt es sich bei der Strafzumessung fast immer negativ für ihn aus, zumindest im Vergleich zu einem reuevoll vorgetragenen Geständnis.

Selbstverständlich kann sich der Angeklagte aber z.B. wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung strafbar machen, wenn er stattdessen jemanden bezichtigt, der es nachweislich nicht war.

Was kostet mich ein Anwalt? (Ermittlungsverfahren und erste Instanz)

Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz sieht für die Tätigkeit eines Anwalts im Strafverfahren grundsätzlich Gebührenrahmen vor, aus denen der Anwalt nach seinem Ermessen die zu erhebende Gebühr auswählt. Die Mindest- und Höchstsummen sind folgende:

  • Grundgebühr: 40 bis 360 Euro
  • Tätigkeit im Vorverfahren: 40 bis 290 Euro
  • Hauptverfahren vor dem Amtsgericht: 40 bis 290 Euro
  • Hauptverfahren vor der Strafkammer: 50 bis 320 Euro
  • Hauptverfahren vor dem Schwurgericht: 100 bis 690 Euro

Diese Beträge gelten den Aufwand, der mit dem Verfahren entsteht, pauschal ab.

Hinzu kommen aber immer noch Gebühren für konkrete Tätigkeiten, zum Beispiel für die Wahrnehmung von Terminen, die von 40 Euro (Mindestgebühr für staatsanwaltliche Vernehmung) bis 1354 Euro (Maximalgebühr Verhandlungstag vor dem Schwurgericht, der mehr als acht Stunden dauert).

Bei Beschuldigten in Untersuchungshaft erhöht sich die Maximalgebühr in der Regel um ein Viertel, während die Mindestgebühr gleich bleibt.

Insgesamt lassen sich die voraussichtlichen Kosten nur unter Berücksichtigung des Einzelfalls einigermaßen verlässlich schätzen.

Wie hoch sind die Gerichtskosten?

Die Gerichtskosten der ersten Instanz richten sich nach der verhängten Strafe:

  • Freiheitsstrafe bis sechs Monate, Geldstrafe bis 180 Tagessätze: 120 Euro
  • Freiheitsstrafe bis ein Jahr, Geldstrafe über 180 Tagessätze: 240 Euro
  • Freiheitsstrafe bis zwei Jahre: 360 Euro
  • Freiheitsstrafe bis vier Jahre: 480 Euro
  • Freiheitsstrafe bis zehn Jahre: 600 Euro
  • längere Freiheitsstrafe: 900 Euro

Beim Strafbefehl fällt nur die halbe Gebühr an, in der Berufungsinstanz die 1,5-fache, in der Revision die doppelte.

Vor welchem Gericht verhandelt wurde, spielt aber keine Rolle.

Kann ich verhindern, dass mein Verfahren öffentlich ist?

Grundsätzlich nicht, das Verfahren ist fast immer öffentlich. Die Ausnahmen, die es davon gibt, sollen in erster Linie Minderjährige und Zeugen schützen, weniger den erwachsenen Angeklagten selbst. Und wo es diese Ausnahmen gibt, kann sie der Angeklagte sie in der Regel nicht selbst herbeiführen.

Was ist ein „Deal“?

Die Verständigung im Strafverfahren (§ 257c StPO), gemeinhin als „Deal“ bezeichnet, soll das Verfahren quasi einvernehmlich beenden. Angeklagter, Staatsanwaltschaft und Gericht verhandeln darüber, wie man das Verfahren zu Ende bringen kann: In der Regel stellt der Angeklagte ein (Teil-) Geständnis in Aussicht, Staatsanwalt und Gericht kündigen dafür an, das Strafmaß in einem bestimmten Rahmen zu halten.

Per Deal kann es also nicht zu einem Gesamtfreispruch kommen, der Angeklagte wird immer in gewisser Hinsicht verurteilt. Er muss also stets in gewisser Hinsicht belastende Aussagen machen bzw. zu erkennen geben, dass er selber auch nicht so ganz an seine Unschuld glaubt. Auch ein Angeklagter, der bisher gewisse Vorwürfe eingeräumt hat, wird regelmäßig ein Risiko eingehen, da er den Deal ja nie „gratis“ bekommt, sondern zumindest irgendwelche Zugeständnisse machen muss, z.B. auf Zeugen verzichtet.

Darum ist es praktisch unverzichtbar, solche Verhandlungen einem Anwalt zu überlassen, wenn man sich nicht selber schaden will. Gegenüber der Staatsanwaltschaft ist man als normaler Angeklagter strategisch stets im Nachteil, da es einem regelmäßig an der notwendigen Gesetzeskenntnis und Erfahrung fehlt.

Ist die Staatsanwaltschaft mein Feind?

Das ist schwer zu sagen. Nach § 160 Abs. 2 StPO hat die Staatsanwaltschaft „nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln“. Etwas ironisch spricht man daher auch von der Staatsanwaltschaft als „neutralster Behörde der Welt“.

Es ist auf jeden Fall die Aufgabe der Staatsanwaltschaft, eine strafbare Handlung aufzuklären und grundsätzlich auch einer Ahndung zuzuführen. Das Interesse der Verfolgungsbehörde ist es, den richtigen Täter zu finden. Eine Verurteilung ist gewissermaßen schon ein Erfolg der Strafverfolger, nicht weil man einfach „gewonnen“ hat, sondern weil man damit den Fall zum Abschluss bringen konnte.

Ist nun Anklage erhoben worden, dann hat sich der Staatsanwalt schon dahingehend festgelegt, dass er nach Sichtung der Ermittlungsergebnisse der Überzeugung ist, dass einerseits eine Straftat überhaupt begangen worden ist und andererseits auch der Angeklagte der Täter ist. Davon wird die Staatsanwaltschaft regelmäßig nur abrücken, wenn sich die Sache in der Hauptverhandlung wesentlich anders darstellt.

Insofern ist die Staatsanwaltschaft natürlich in gewisser Form auch die Gegenpartei. Sie will zwar der Angeklagten normalerweise nicht um jeden Preis verurteilt sehen, aber die Ansichten sind natürlich trotzdem oft andere als die des Angeklagten.

Muss ich mich schuldig bzw. nicht schuldig bekennen?

Nein, diese US-amerikanische Sitte gibt es in deutschen Gerichtssälen nicht. Der Angeklagte kann auch gar nicht unbedingt erkennen, ob er nun schuldig ist oder nicht. Häufig fühlt man sich moralisch schuldig, hat aber tatsächlich keine rechtlich strafbare Handlung begangen. Und ob nun ein Diebstahl oder eine Unterschlagung, ein Betrug oder eine Untreue, eine tätliche Beleidigung oder eine Körperverletzung vorliegt, können häufig erst drei gerichtliche Instanzen sicher feststellen.

Dem Angeklagten steht es frei, auszusagen. Und wenn er aussagt, dann werden von ihm nur Aussagen über Tatsachen erwartet, keine rechtlichen Bewertungen. Rechtliche Bewertungen des Angeklagten interessieren das Gericht normalerweise auch nicht besonders, denn diese muss es selbst erstellen.

Wenn ich unschuldig bin, wird das Gericht das doch herausfinden, oder?

Theoretisch ja, in der Praxis arbeiten überall nur Menschen und die sind fehleranfällig. Die eigene Unschuld zu beweisen, ist oft sehr schwierig. Dies ist aber auch nicht notwendig, vielmehr muss umgekehrt die Schuld des Angeklagten bewiesen werden.

Trotzdem kann man als Angeklagter viele Fehler machen, man kann sich sogar als Unschuldiger „um Kopf und Kragen reden“. Darum ist es – wie wir hier schon oft genug gesagt haben – wahnsinnig wichtig, sich früh anwaltlichen Rat zu holen.

Nicht selten gibt es auch Indizien, die (fälschlicherweise) gegen einen sprechen. Dies ist umso mehr ein Grund, um auf professionelle Hilfe zu vertrauen.

Wie spreche ich den Richter an?

„Herr Richter“ oder „Herr Vorsitzender“ (bzw., natürlich, Frau Richter/Vorsitzende) sind üblich und ausreichend. „Euer Ehren“ ist zu amerikanisch, „Hohes Gericht“ sagen normalerweise nur Staatsanwalt und Verteidiger.

Kann ich auch mehrere Anwälte haben?

Prinzipiell kann sich jeder Angeklagte bis zu drei Anwälte nehmen. Bezahlt werden jedoch im Falle eines Freispruchs nur die Kosten für einen Anwalt.

Sollte ihr Anwalt die Notwendigkeit sehen, weitere Verteidiger hinzuziehen, wird er Ihnen das sicher mitteilen.

Bekomme ich immer einen Anwalt vom Staat gestellt?

Nein, das ist nur der Fall, wenn es sich um sogenannte notwendige Verteidigung handelt, also bspw. ein ganz erheblicher Vorwurf im Raum steht oder der Angeklagte in Haft sitzt. Und auch dann ist der Anwalt nicht kostenlos, sondern die Kosten werden nur vom Staat vorgestreckt.

§ 140 StPO

(1) Die Mitwirkung eines Verteidigers ist notwendig, wenn

1. die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht oder dem Landgericht stattfindet;

2. dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird;

3. das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann;

4. gegen einen Beschuldigten Untersuchungshaft nach den §§ 112, 112a oder einstweilige Unterbringung nach § 126a oder § 275a Absatz 6 vollstreckt wird;

5. der Beschuldigte sich mindestens drei Monate auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befunden hat und nicht mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung entlassen wird;

6. zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten seine Unterbringung nach § 81 in Frage kommt;

7. ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird;

8. der bisherige Verteidiger durch eine Entscheidung von der Mitwirkung in dem Verfahren ausgeschlossen ist;

9. dem Verletzten nach den §§ 397a und 406g Absatz 3 und 4 ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist.

(2) In anderen Fällen bestellt der Vorsitzende auf Antrag oder von Amts wegen einen Verteidiger, wenn wegen der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, daß sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann. Dem Antrag eines hör- oder sprachbehinderten Beschuldigten ist zu entsprechen.

Gibt es im Strafverfahren Prozesskostenhilfe?

Nein, Prozesskostenhilfe ist ein Instrument des Zivil- und Verwaltungsprozessrechts. Im Strafverfahren gibt es nur die notwendige Verteidigung, die etwas anders funktioniert, aber zum selben Ergebnis führt: Man bekommt einen Anwalt („Pflichtverteidiger“) beigeordnet, auch, wenn man nicht das Geld dafür hat. Die Voraussetzungen sind aber andere, im Wesentlichen geht es um die Schwere der Tat, weniger um die finanziellen Verhältnisse.

Wann kann eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden?

Die wenigstens zu einer Freiheitsstrafe verurteilten müssen wirklich ins Gefängnis. Bis zu zwei Jahren Strafdauer ist es die Regel, das zumindest Verurteilte, die nicht massiv vorbestraft sind, eine Bewährungsstrafe bekommen. Hundertprozentig sicher ist das freilich nicht, es hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Ist eine Bewährungsstrafe nicht ein Freispruch zweiter Klasse?

Überhaupt nicht. Das ist eine Freiheitsstrafe wie jede andere auch, nur, dass nicht sofort die Handschellen klicken. Lediglich ihr Vollzug wird ausgesetzt, damit sich der Verurteilte „bewähren“ kann. Die Möglichkeit der Strafvollstreckung schwebt immer über ihm.

Die Bewährungszeit wird in aller Regel von Auflagen und Weisungen begleitet, deren Missachtung zum Widerruf der Bewährung und damit zur Vollstreckung der Strafe führen kann. Insoweit ist die Verurteilung ein ganz erheblicher Einschnitt in das Leben des Verurteilten, auch, wenn er nicht ins Gefängnis muss.

Eine derartige Verurteilung sollte man keinesfalls zu leicht nehmen. Jeder Anwalt wird sich bemühen, die Verhängung einer Bewährungsstrafe zu verhindern, wenn bspw. eine Geldstrafe auch im Bereich des Denkbaren liegt.

Gibt es eine Geldstrafe auf Bewährung?

In dieser Form nicht, es gibt aber eine sogenannte Verwarnung mit Strafvorbehalt, die dem ziemlich nahe kommt. Dies geschieht aber sehr selten.

§ 59 Abs. 1 Satz 1 StGB sieht vor:

Hat jemand Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen verwirkt, so kann das Gericht ihn neben dem Schuldspruch verwarnen, die Strafe bestimmen und die Verurteilung zu dieser Strafe vorbehalten, wenn

1. zu erwarten ist, daß der Täter künftig auch ohne Verurteilung zu Strafe keine Straftaten mehr begehen wird,

2. nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Täters besondere Umstände vorliegen, die eine Verhängung von Strafe entbehrlich machen, und

3. die Verteidigung der Rechtsordnung die Verurteilung zu Strafe nicht gebietet.

Gibt es in Deutschland Geschworene?

Nein. Geschworene, wie man sie aus US-amerikanischen Filmen kennt, gab es im deutschen Rechtssystem nur für Schwerverbrechen. Und diese Schwurgerichte wurden bereits 1924 abgeschafft.

Bei den Schöffengerichten und bei den Strafkammern wirken aber jeweils zwei Schöffen (Laienrichter) mit, die mit den Richtern gleichberechtigt sind.

Kann ich gegen eine Hausdurchsuchung Einspruch einlegen?

Nein, die Maßnahme wird dann vollzogen, unabhängig vom Widerspruch des Betroffenen. Es lohnt sich dann nicht, mit den Polizisten herumzustreiten oder gar Widerstand zu leisten. In jedem Fall sollten Sie sofort Ihren Anwalt kontaktieren, der dann zumindest kontrollieren kann, dass die Durchsuchung korrekt vonstatten geht.

Ob es nachträgliche Rechtsbehelfe gibt und ob eventuell gefundene Beweismittel verwendet werden dürfen, wird Ihr Anwalt dann prüfen.

Die Höchststrafe für diese Straftat ist fünf Jahre. Muss ich wirklich so lange ins Gefängnis?

Sicher nicht. Die Höchststrafe wird im deutschen Strafrecht so gut wie nie verhängt. Dafür müssten die Richter einen riesigen Begründungsaufwand liefern und darlegen, warum die Tat das schlimmstmögliche von dieser Vorschrift erfasste Vergehen ist.

Der Strafrahmen „Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe“ ist einer der häufigsten im StGB, er gilt bspw. für vielerlei Eigentumsdelikte wie Diebstahl oder Betrug. Tatsächlich wird in diesen Fällen aber in aller Regel nur auf eine Geldstrafe erkannt, bei höherem Schaden maximal auf eine Bewährungsstrafe.

Eine höhere Strafe ist denkbar, wenn die Begleitumstände besonders schwer sind, der Täter mehrfach einschlägig vorbestraft ist etc. Aber auch dann kommt die Höchststrafe des Delikts praktisch niemals in Betracht.

Ich hab den Schaden bezahlt, kann ich trotzdem noch verurteilt werden?

Ja. Wenn gegen Sie bspw. wegen Diebstahls oder Sachbeschädigung ermittelt wird, ist das Delikt vollendet und bleibt strafbar, auch dann, wenn der Schaden beglichen wurde. Allerdings ist eine Schadenswiedergutmachung immer vorteilhaft, denn

  • es können die Voraussetzungen des Täter-Opfer-Ausgleich vorliegen,
  • die Staatsanwaltschaft kann das Verfahren wegen geringer Schuld und mangelnde öffentlichen Interesses einstellen,
  • der Geschädigte kann deswegen seinen Strafantrag zurücknehmen und
  • das Gericht wird dies bei der Strafzumessung zugunsten des Täters berücksichtigen.

Andererseits stellt eine Ausgleichszahlung in aller Regel ein Schuldeingeständnis dar. Wie immer sollten Sie daher Ihren Anwalt konsultieren, bevor Sie leichtfertig auf eigene Faust handeln.

Soll ich gegen einen Strafbefehl Einspruch einlegen?

Das kommt ganz auf den Einzelfall an. Man muss sich folgende Fragen beantworten:

  • Hat der Beschuldigte die Tat wirklich begangen?
  • Wird man sie ihm im Verfahren nachweisen können?
  • Ist die Strafe im Strafbefehl niedrig, angemessen oder hoch?
  • Wie wird die Strafe ausfallen, wenn man in einer Verhandlung die Tat bestreitet oder der Anklage teilweise entgegentritt?
  • Welche Umstände hat die Staatsanwaltschaft gewertet und welche übersehen?
  • Ist man froh, dass die Sache vorbei ist?
  • Will man sich den Stress einer öffentlichen Verhandlung antun?
  • Stehen die zusätzlichen Kosten im Verhältnis zum zu erwartenden Erfolg?

All das muss man abwägen und oftmals geht das ohne anwaltlichen Rat nicht.

Kann die Strafe höher werden, wenn ich gegen den Strafbefehl Einspruch einlege?

Ja, das Gericht ist an das Strafmaß des Strafbefehls nicht gebunden.

Die Staatsanwaltschaft geht normalerweise auch von einem geständigen Beschuldigten aus, wenn sie den Strafbefehl beantragt. Denn der Beschuldigte, der keinen Einspruch einlegt und den Strafbefehl samt des darin festgelegten Strafmaßes akzeptiert, erkennt damit häufig auch seine Schuld an.

Daher kann in der Regel davon ausgehen, dass das Strafmaß nach einer Verhandlung, die nichts mehr zugunsten des Angeklagten ergeben hat, mindestens genauso hoch ist wie das Strafmaß im Strafbefehl.

Kann die Strafe höher werden, wenn ich Berufung einlege?

In aller Regel ja.

Legt nur der Verurteilte Berufung ein, kann das Gericht normalerweise nicht zu seinem Nachteil vom erstinstanzlichen Urteil abweichen (Verbot der reformatio in peius). Da aber die Staatsanwaltschaft dann normalerweise auch Berufung einlegt, wenn der Verurteilte dies tut, ist doch wieder eine Abweichung zulasten des Angeklagten möglich.

Ob ein Rechtsmittel sinnvoll und zielführend ist, ist daher immer zusammen mit dem Verteidiger zu beraten.

Kann ich die Geldstrafe in Raten zahlen?

Grundsätzlich ja. Das Gericht hat die Möglichkeit zur Ratenzahlung durch Beschluss auszusprechen. In der Praxis wird jeder Richter einem einigermaßen nachvollziehbaren Antrag des Angeklagten nachkommen. Man sollte die Tatsache, dass man nicht besonders „flüssig“ ist, zumindest kurz ansprechen und ggf. Angaben zu Einkommensverhältnissen und Zahlungsverpflichtungen machen können.

Wer trägt die Kosten, wenn ein Verfahren eingestellt wird?

In aller Regel trägt die Staatskasse die Verfahrenskosten, während der Beschuldigte seine Anwaltskosten selbst zahlen muss.

Das ist häufig nicht sachgerecht, da eine Verfahrenseinstellung (insbesondere nach § 170 Abs. 2 StPO) durchaus als „kleiner Freispruch“ zu werten ist. Warum der Beschuldigte dann seinen Anwalt zahlen soll, ist nicht einsichtig.

Trotz dieses Kostenrisikos ist es häufig ratsam, sich eines Anwalts zu bedienen und auf eine Einstellung hinzuwirken. Eine öffentliche Hauptverhandlung oder gar eine Verurteilung richten sehr viel mehr immateriellen Schaden an als eine moderate Anwaltsrechnung für die Abwicklung des Ermittlungsverfahrens.

Soll ich argumentieren, dass alle Gesetze ungültig und alle Gericht illegal sind?

Auf keinen Fall. Diese Theorien, die man im Internet mittlerweile auf zahlreichen Seiten findet, entbehrt jeder Grundlage. Die Argumente sind meistens so grundlegend falsch, dass ein echter Jurist darüber nur lachen kann.

Derartige Äußerungen können unter Umständen das Gericht gegen den Angeklagten einnehmen oder auch zu einer Überprüfung des Geisteszustandes führen. Schilderungen, man habe damit Erfolg gehabt und sei freigesprochen worden, sind in aller Regel erfunden oder beruhen auf weiterer Unkenntnis, z.B. werden Einstellungen nach § 154 StPO ernsthaft als etwas Positives angesehen.

Also: Lassen Sie die Finger davon und nehmen Sie sich lieber einen Verteidiger, der das Gericht mit echtem Recht überzeugt.

Kann man auch verurteilt werden, wenn man nicht selbst gehandelt hat?

Man muss in irgendeiner Weise gehandelt, aber nicht notwendigerweise jede Handlung der Straftat mit eigenem Händen ausgeführt haben. Man kann Mittäter, Gehilfe oder Anstifter sein. Man kann auch durch jemand anderen handeln, indem man diesen wie ein Werkzeug einsetzt und zur Tat dirigiert (mittelbare Täterschaft).

Und schließlich gibt es auch noch Unterlassungsdelikte, bei denen gerade bestraft wird, dass man nichts tut, z.B. bei der unterlassenen Hilfeleistung.

Ich bin nicht sicher, ob mein Vorhaben strafbar ist. Was soll ich tun?

Wenn Sie auch nur die leisesten Zweifel haben, ob etwas erlaubt ist, sollten Sie es nicht tun. Es geht auch nicht nur um die Frage, ob etwas strafbar ist, es kann auch um zivilrechtliche Folgen gehen. Wenn etwas zwar nicht mit Strafe bedroht, aber aus anderen Gründen rechtswidrig ist, könnten Sie sich schadenersatzpflichtig machen oder Unterlassungsansprüchen ausgesetzt sein.

Ob ihr Vorhaben strafbar ist, kann Ihnen ein Anwalt meist schon im Rahmen einer günstigen Erstberatung sagen. Wenn ja, sollten Sie es keinesfalls tun! Wenn Ihnen nur andere Folgen drohen, müssen Sie Chancen und Risiken sorgsam gegeneinander abwägen. Diese können Sie aber meistens nach anwaltlicher Beratung sehr viel besser einschätzen.

Wie wehre ich mich gegen Ermittlungsmaßnahmen?

Die Rechtsbehelfe gegen Ermittlungsmaßnahmen im Strafverfahren sind unsystematisch und oft auch unzureichend geregelt. Die Strafprozessordnung (StPO) bietet lediglich einige verstreute Vorschriften, die sich zusammen mit rechtsstaatlichen Garantien zu einem gewissen System zusammenfassen lassen:

Führt die Staatsanwaltschaft offene Ermittlungsmaßnahmen durch, zum Beispiel eine körperliche Durchsuchung des Beschuldigten bei Gefahr im Verzug, kann der Betroffene Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO stellen. Diese Vorschrift bezieht sich eigentlich nur auf Beschlagnahmeanordnungen, wird aber auf alle anderen Ermittlungsmaßnahmen analog angewandt.

Führt das Gericht offene Ermittlungsmaßnahmen durch, beispielsweise eine Hausdurchsuchung ohne Gefahr im Verzug, handelt es sich ja bereits um eine gerichtliche Entscheidung. Gegen diese steht das ganz allgemeine Rechtsmittel der Beschwerde (§ 304 StPO) zur Verfügung.

Daneben gibt es aber auch verdeckte Ermittlungsmaßnahmen, zum Beispiel die Telekommunikationsüberwachung. Wird verdeckt ermittelt, sei es durch Staatsanwaltschaft oder Gericht, kann unterschiedslos gerichtliche Überprüfung beantragt werden, § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO. Im Gegensatz zu den anderen beiden Rechtsbehelfen ist der Antrag hier befristet und muss binnen zwei Wochen gestellt werden.

Unerheblich ist bei all diesen Rechtsbehelfen, ob die Maßnahme noch andauert oder bereits abgeschlossen ist und ob man sich gegen die Maßnahme insgesamt oder nur gegen die Art ihrer Durchführung wendet. Eine effektive Durchsetzung Ihrer Beschuldigtenrechte sollten Sie Ihrem Anwalt überlassen.

Ein eigenes Kapitel ist dagegen das Vorgehen gegen einen Haftbefehl. Hier gibt es die Möglichkeit der Haftprüfung und der Haftbeschwerde.

Was ist eine Urkunde?

Gemeinhin versteht man unter einer Urkunde ein repräsentativ aussehendes Dokument, das irgendetwas bestätigt und am besten noch eine Art Siegel trägt.

Im Recht ist das anders: Eine Urkunde ist eine verkörperte Gedankenerklärung, die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist und ihren Aussteller erkennen lässt.

Urkunden sind zum Beispiel Verträge, Ausweise, Zeugnisse, Atteste, Bescheinigungen, Rechnungen und Quittungen, aber auch Bierdeckel mit Markierungen für die bestellten Getränke oder ein Auto inklusive Nummernschild.

Keine Urkunde ist dagegen normalerweise die Kopie einer Urkunde, da hier der Aussteller derjenige ist, der die Kopie angefertigt hat und dieser nicht erkennbar ist. Etwas anderes gilt aber z.B., wenn eine Urkunde derart angefertigt wird, dass sie als Original verwendet werden kann und soll.

Nur, wenn es sich bei einem Schriftstück um eine Urkunde im Sinne des Gesetzes handelt, kann man daran Straftaten wie Urkundenfälschung oder Urkundenunterdrückung begehen.

Lande ich mit der Haftprüfung immer beim selben Richter?

In aller Regel ja.

Bekanntlich sind sogar am kleinsten Amtsgericht mehrere Richter beschäftigt, die sich ihre Amtsgeschäfte teilen. Die Verfahren werden meistens je nach der Sache, um die es geht, vorsortiert. Innerhalb dieser Zuständigkeiten werden sie dann nach Eingang verteilt, sodass sich ein gewisses Zufallselement ergibt. All das wird im Geschäftsverteilungsplan festgelegt.

Man könnte also auf die Idee kommen, öfters eine Haftprüfung (die ja beliebig oft möglich ist) einzureichen, um bei möglichst vielen verschiedenen Richtern zu landen. Irgendeiner von ihnen muss doch mal ein einsehen haben und den Beschuldigten freilassen.

Leider ist für die Haftprüfung aber stets derselbe Richter zuständig, von Versetzungen und Urlaubsvertretungen einmal abgesehen. Insofern sind permanente Anträge auf Haftprüfung ohne Änderungen in der Tatsachenbasis selten sinnvoll und manchmal auch kontraproduktiv. Ändert sich dagegen die Beweislage, wird ein guter Anwalt sofort dafür sorgen, dass der Richter eine neue Entscheidung trifft. Hier zählt aber nicht die Quantität, sondern die Qualität, nämlich eine präzise und umfassende Darlegung der neuen Fakten.

Schützt Unwissenheit wirklich nicht vor Strafe?

Das kommt darauf an.

Unwissenheit über Gesetze führt grundsätzlich allenfalls zu einer Strafmilderung gemäß § 17 Satz 2 StGB. Straflosigkeit tritt nach Satz 1 nur ein, wenn der Täter seinen Irrtum über das Verbot nicht vermeiden konnte. Dies ist sehr selten der Fall, da man dem Täter ein sehr hohes Maß an Abwägung und auch die Einholung von rechtlichem Rat abverlangt.

Ein Irrtum bezüglich Tatumständen entlastet den Täter dagegen fast immer. § 16 StGB sieht im Ergebnis vor, dass der Täter nur so bestraft werden kann, als wären seine Vorstellungen die Realität. Wer also in einer Gaststätte versehentlich einen fremden Mantel von der Garderobe mitnimmt, kann dafür nicht belangt werden, weil es nach seiner Vorstellung sein eigener Mantel war und man an seinem Eigentum keinen Diebstahl begehen kann.

Weiterhin möglich ist dagegen eine Bestrafung wegen fahrlässigen Handelns. In diesem Beispielsfall scheidet das jedoch aus, da fahrlässiger Diebstahl nicht strafbar ist.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Unwissen fast immer in irgendeiner Form entlastend wirkt. Das bedeutet freilich nicht, dass ein Gericht jedem Angeklagten auch zwangsläufig glaubt, dass er sich geirrt hat. Eventuelle Irrtümer sollten Sie Ihrem Anwalt sofort mitteilen, damit er diese entsprechend in seine Verteidigungsstrategie aufnehmen kann.

Ich hab jetzt endlich Arbeit, hilft mir das vor Gericht?

Prinzipiell ja.

Eine Arbeit zu haben, ist grundsätzlich für die Einschätzung der Persönlichkeit des Täters von Vorteil. Dies kann zum Beispiel bei der Frage, ob einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, im Rahmen der „Lebensverhältnisse“ (§ 56 Abs. 1 Satz 2 StGB) positiv berücksichtigt werden. Geordnete Lebensumstände werden auch nicht so leicht dazu führen, dass ein Haftbefehl wegen Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) angeordnet wird.

Allerdings sollte man sich nicht der Illusion hingeben, dass dies etwas so Außergewöhnliches wäre, dass der Richter darauf sofort anspringen wird. Im Gegenteil, viele Beschuldigte tragen vor, dass sie plötzlich Aussicht auf einen Job haben und sich ihr Leben nun zum Guten wenden wird. Man sollte die erfolgte oder baldige Arbeitsaufnahme also schon in irgendeiner Form belegen können und zusätzlich noch andere Umstände anführen, die für eine gefestigte Lebenssituation sprechen.

Ist eine Verfahrenseinstellung nach § 153a endgültig?

Im Prinzip ja.

Auch, wenn es nicht zu einem formalen Urteil gekommen ist, hat der Beschuldigte durch die Erfüllung der Auflage eine Leistung erbracht, für die er eine Gegenleistung bekommen soll. Diese Gegenleistung ist die Einstellung des Verfahrens und diese soll man ihm nicht so leicht wieder wegnehmen dürfen.

§ 153a Abs. 1 Satz 5 sagt: „Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden.“ Eine kleine Ausnahme liegt allerdings in dem Wort „Vergehen“. Stellt sich heraus, dass die Tat doch kein Vergehen, sondern ein Verbrechen war (z.B. nicht nur Diebstahl, sondern Raub), kann ein neues Verfahren eingeleitet werden.

Ich habe eine Anklageschrift erhalten. Was soll ich tun?

Wenn Sie bereits einen Anwalt haben, wird sich dieser um alles Weitere kümmern.

Sollten Sie bisher noch keinen Rechtsanwalt konsultiert haben, sollten Sie das nun unbedingt tun. Zwar ist das Vorverfahren damit abgeschlossen und eine Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft nun nicht mehr möglich. Der Anwalt kann nun aber noch versuchen, zu retten, was zu retten ist und eventuell im Rahmen des Zwischenverfahrens verhindern, dass das Gericht diese Anklage zulässt.

Allerdings darf man sich hier keinen Illusionen hingeben: Die Wahrscheinlichkeit, dass das Gericht der Staatsanwaltschaft die Anklage verwehrt, ist ziemlich gering. Voraussichtlich wird es zum Prozess kommen. Daher sollte man sich möglichst früh im Verfahren um professionellen Beistand kümmern, denn eine gute Verteidigung bereits im Ermittlungsverfahren führt sehr häufig zur Einstellung direkt durch die Staatsanwaltschaft.

Was soll mir die Anklageschrift sagen?

Den genauen Inhalt der Anklageschrift und die Frage, diese nun nur negativ oder auch positiv (z.B., weil nur ein Teil der Vorwürfe angeklagt wurde) zu werten ist, kann Ihr Verteidiger am besten erklären. Ganz allgemein kann man sich aber auch in der verwirrend wirkenden Anklageschrift einigermaßen zurechtfinden und auch das eine oder andere herauslesen, wenn man ihren Aufbau kennt:

Zuerst kommt der Kopf der Anklage mit Bezeichnung der Staatsanwaltschaft und Angabe des Aktenzeichens – dieses sollte man unbedingt mit früheren Schreiben in der Sache vergleichen, denn auch im PC-Zeitalter kommen manchmal noch Verwechslungen vor.

Danach folgen die Personalien des Beschuldigten. Noch einmal prüfen: Geht es wirklich um Sie? Eventuelle Fehler in der Anschrift sollte man dem Gericht lieber auch gleich mitteilen, nicht, dass es nachher Missverständnisse bzgl. eines festen Wohnsitzes oder dergleichen gibt.

„Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeschuldigten aufgrund ihrer Ermittlungen folgenden Sachverhalt zur Last:“ Das ist der Einleitungssatz für die Darstellung des Geschehens. In diesem schildert die Staatsanwaltschaft, von welchem Ablauf der Tat Sie überzeugt ist. Das ist extrem wichtig, da Sie nun wissen, gegen welche Vorwürfe Sie sich verteidigen müssen. Hier nützt es wenig, der Staatsanwaltschaft zu sagen, dass sie falsch liegt – denn das ist nunmal das Ergebnis der Ermittlungen aus Sicht der Anklagebehörde. Nun kann es nur noch darum gehen, das Gericht zu überzeugen, dass es Ihner Version glauben soll und nicht derjenigen der Staatsanwaltschaft.

Der nächste Standardsatz lautet „Der Angeschuldigte wird daher beschuldigt“. Danach folgt eine wörtliche Wiedergabe des Gesetzestextes, die Ihnen aber keinerlei neue Erkenntnisse bringt. Hier wird nur das, was oben als Sachverhalt geschildert wurde, in die Worte des Gesetzes verpackt. Hinter den Worten „strafbar als“ finden Sie nun die Namen der Delikte (Diebstahl, Körperverletzung, Beleidigung o.ä.), die Ihnen vorgeworfen werden.

Unter der Überschrift „Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen“ fasst die Staatsanwaltschaft das Vorverfahren zusammen. Passen Sie hier auf: Sollte dort z.B. fälschlicherweise stehen, dass sie geständig sind, ist irgendetwas falsch gelaufen. Überprüfen sollten Sie auch, ob die dort ggf. aufgeführten Vorstrafen korrekt sind.

Als nächstes erklärt die Staatsanwaltschaft, welches Gericht sie für zuständig hält und beantragt einen baldigen Verhandlungstermin. Hier gibt es für Sie nichts Interessantes.

Abschließend bezeichnet der Staatsanwalt noch seine Beweismittel. Diese Liste sollten Sie sich genau ansehen und überlegen, welche anderen Beweise es aus Ihrer Sicht noch gibt.

Was bedeutet ein Fahrverbot?

Ein Fahrverbot kann bei Straftaten (§ 44 StGB) und Ordnungswidrigkeiten (§ 25 StVG) im Zusammenhang mit dem Fahren eines Autos verhängt werden. Es dauert ein bis drei Monate.

„Fahrverbot“ bedeutet tatsächlich nur, dass das Autofahren in dieser Zeit verboten wird. Der Führerschein im Sinne einer bereits erworbenen Fahrerlaubnis wird davon nicht betroffen. Der Fahrer verliert also im Prinzip nicht die Erlaubnis, Auto zu fahren, es wird ihm nur für eine von vornherein klar begrenzte Zeit verboten. Ist diese Zeit abgelaufen, kann er sich sofort wieder ans Steuer setzen.

Beim Entzug der Fahrerlaubnis ist das dagegen anders.

Was bedeutet die Entziehung der Fahrerlaubnis?

Die Entziehung der Fahrerlaubnis bedeutet, dass die gemachte Fahrerlaubnis tatsächlich entzogen, also sozusagen vernichtet wird. Der Fahrer wird also so gestellt, als hätte er nie den Führerschein gemacht.

Die Entscheidung nach § 69 StGB besteht eigentlich aus drei Teilen:

  • Entziehung der Fahrerlaubnis (im engeren Sinne): Die Erlaubnis, Fahrzeuge im Straßenverkehr zu führen, wird entzogen.
  • Einziehung des Führerscheins als Nachweisdokument für das Bestehen der Fahrerlaubnis.
  • Anordnung einer Sperrfrist, innerhalb derer die Fahrerlaubnis nicht erneut erteilt werden darf.

Diese Sperrfrist ist oft das Entscheidende. Sie beträgt mindestens sechs Monate und höchstens fünf Jahre, in ganz seltenen Fällen kann sie lebenslang sein. Bei Alkoholfahrten über 1,1 Promille und einer Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) beträgt die Frist oft zehn Monate.

Wie aber genau die Wiedererteilung abläuft, liegt stark an der zuständigen Behörde. Bei Ersttätern wird häufig unmittelbar nach Ablauf der Frist die Fahrerlaubnis ohne Weiteres neu erteilt. Es kann aber auch sein, dass eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU), der gefürchtete „Idiotentest“, angeordnet wird. Im Extremfall kann sogar eine neue Fahrprüfung verlangt werden.

Ist ein teurer Anwalt besser als ein billiger?

Das kommt natürlich drauf an. Ein teurer Anwalt kann schlecht sein und ein billiger kann gut sein. Ein guter Anwalt kann mal einen schlechten Tag haben und ein schlechter Anwalt kann eine brilliante Eingebung haben und damit Ihren Prozess retten.

Aber grundsätzlich rechnet natürlich auch ein Anwalt betriebswirtschaftlich. Das bedeutet, dass er gewisse Einnahmen verdienen muss – und zwar von seinen Mandanten. Nehmen wir an, ein Anwalt braucht 20.000 Euro Einnahmen im Monat, um überleben zu können. Davon zahlt er zunächst einmal Mehrwertsteuer (schon mal gut 3000 Euro), dann seine Kanzleimiete, seine Kosten, seine Angestellten, seine Berufshaftpflicht, seine Einkommensteuer und die privaten Lebenshaltungskosten für sich und seine Familie.

Diese 240.000 Euro im Jahr muss er nun irgendwie erwirtschaften. Zum Beispiel, indem er 600 Verfahren jährlich betreut und dafür im Durchschnitt 400 Euro verlangt. 600 Verfahren sind ungefähr drei pro Arbeitstag – für ein Verfahren bleiben also ungefähr zweieinhalb Stunden. Nun kann man ein Verfahren in dieser Zeit durchaus erledigen. Aber wenn es komplexer wird, dann kommt man damit schon in gewisse Probleme.

Ein Anwalt, der stattdessen durchschnittlich 2000 Euro in Rechnung stellt, braucht nur ein Fünftel von 600 Verfahren im Jahr, also 120. Diesen 120 Mandanten kann er dementsprechend die fünffache Zeit widmen. Er kann etwas mehr durchdenken, er kann sich die Beweislage mehrfach anschauen, er kann öfters Akteneinsicht nehmen, er kann die Staatsanwaltschaft mit regelmäßigen Stellungnahmen nerven. Das reicht häufig schon, um die Staatsanwaltschaft, die eh chronisch überlastet ist, zu einer Verfahrenseinstellung zu veranlassen. Und wenn nicht, dann ist er vielleicht im Prozess besser vorbereitet, weiß, was er Zeugen fragen muss, und kann die für den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte herausarbeiten.

Dass Sie für mehr Geld einen besseren Anwalt bekommen, kann Ihnen niemand garantieren. Aber Sie können sich ziemlich sicher sein, dass Sie mehr Zeit und damit häufig auch eine zielführendere Leistung beanspruchen können, wenn der Rechtsanwalt sich nicht dauernd entscheiden muss, welches Verfahren er nun angeht und welche vier anderen Verfahren er lieber zur Seite legt.

Gibt es eine Beschwerde gegen die Verfahrenseinstellung, wenn neben anderen auch ein Privatklagedelikt vorliegt?

Ja, sofern mindestens ein Offizialdelikt tateinheitlich begangen wird.

Beispiel: A hat B angezeigt, weil ihn dieser niedergeschlagen hat, um seine Geldbörse an sich nehmen zu können. Dementsprechend hätte B einen Raub sowie eine Körperverletzung begangen.

Stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein, kann der Geschädigte hiergegen grundsätzlich Beschwerde einlegen. Die Beschwerde ist jedoch bei Privatklagedelikten ausgeschlossen (§ 172 Abs. 2 Satz 3 StPO), da der Geschädigte diese selbst verfolgen kann. Die Körperverletzung ist ein solches Privatklagedelikt (§ 374 Abs. 1 Nr. 4 StPO), Raub dagegen nicht.

Würde man daraus folgern, dass somit gar keine Beschwerde möglich ist, würde das bedeuten, dass jedes „nebenbei“ verwirklichte Privatklagedelikt die Beschwerde wegen Offizialdelikten aushebeln würde. Es kann aber nicht Sinn der Sache sein, dass ein Täter, der besonders viele Straftaten auf einmal verwirklicht, besser gegen eine Anklage geschützt ist.

Könnte der Geschädigte nur wegen des Raubes Beschwerde einlegen, würde die StA dann unter Umständen dazu gezwungen werden, diesen anzuklagen, während die (zweifellos verwirklichte) Körperverletzung aus dem Blick des Verfahrens verschwinden würde. Tatsächlich müssen die Strafverfolger die gesamte angeklagte Tat aber unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt würdigen.

Daher ist auch in diesen Fällen eine Beschwerde möglich. Umgekehrt gesagt ist eine Beschwerde immer dann zulässig, wenn nach ihrem Inhalt zumindest eine Straftat gegeben sein könnte, die kein Privatklagedelikt ist.

Ich kann die Geldstrafe nicht zahlen. Was soll ich tun?

Eine verhängte Geldstrafe wird durch eine Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen. Dabei entspricht ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe, z.B. 90 Tagessätze = drei Monatsgehälter = drei Monate Gefängnis. Diese Möglichkeit ist für alle Beteiligten unangenehm und bedeutet für den Staat erhebliche Kosten.

Darum gibt er verschiedene Möglichkeiten, eine Geldstrafe anderweitig zu vollstrecken. Die einfachste ist, von vornherein in der Verhandlung Ratenzahlung zu beantragen. Nach Rechtskraft des Urteils ist die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde zuständig und man kann bei dieser Stundung oder auch die ersatzweise Ableistung gemeinnütziger Arbeit beantragen.

Für die Möglichkeit des „Abarbeitens“ muss man gegebenfalls die entsprechende Verordnung aufgrund von § 293 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) des jeweiligen Bundeslandes nachlesen. In Bayern wurde bspw. keine entsprechende Verordnung erlassen, sondern diese Option in die Gnadenordnung aufgenommen. Zuständig ist aber trotzdem die Staatsanwaltschaft. Gearbeitet werden muss für sechs Stunden pro Tagessatz.

Kann ich mich auch ohne Verschulden strafbar machen?

Nein, das Schuldprinzip ist ein Grundpfeiler des Rechtsstaats.

Strafbar macht sich nur, wer fahrlässig oder vorsätzlich handelt. Soweit das Gesetz nicht explizit die Fahrlässigkeit ausreichend lässt, ist sogar immer Vorsatz erforderlich.

Ganz seltene Fälle sind sogenannte objektive Bedingungen der Strafbarkeit. In Bezug auf diese Aspekte muss der Täter tatsächlich nicht einmal fahrlässig handeln. Das Verschulden bezieht sich dann aber auf andere Aspekte der Tat. Beispielsweise macht sich strafbar, wer an einer Schlägerei beteiligt ist, bei der jemand stirbt oder eine schwere Körperverletzung davonträgt. Das Verschulden liegt hier aber nicht darin, dass man jemanden fahrlässig verletzt hat, sondern bereits in der Beteiligung, die ja in aller Regel vorsätzlich geschah. Die Verletzung muss nur objektiv vorliegen, ob ein einzelner Beteiligter etwas „dafür kann“, ist für seine Strafbarkeit ausnahmsweise unerheblich.

Ich habe in der Bewährungszeit eine neue Straftat begangen. Muss ich jetzt ins Gefängnis?

Das kann man so allgemein nicht sagen.

Das Begehen weiterer Straftaten trotz offener Bewährung ist der häufigste Grund für den Widerruf der Strafaussetzung, sodass man die Freiheitsstrafe dann tatsächlich antreten muss, also ins Gefängnis kommt. Gleichzeitig führt aber bei weitem nicht jede neue Verfehlung automatisch zu einem Ende der Bewährung.

Die Entscheidung hängt ganz wesentlich davon ab, welche Strafe im neuen Verfahren verhängt wird: Ist dies eine Geldstrafe oder eine Bewährungsstrafe, so wird normalerweise die Bewährungszeit für die Vortat nur verlängert, nicht aber die Bewährung widerrufen. Wird eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung verhängt, folgt dagegen fast immer der Widerruf der vorherigen Bewährung, sodass nun beide Strafen nacheinander zu verbüßen sind.

Das Hauptaugenmerk muss also darauf liegen, im anstehenden Strafverfahren unbedingt eine Vollzugsstrafe zu vermeiden. Da hier sehr viel für Sie auf dem Spiel steht, sollten Sie unbedingt schnellstmöglich einen Anwalt konsultieren.

Wie sind meine Chancen auf eine Geldstrafe oder weitere Bewährungsstrafe während einer offenen Bewährung?

Befindet man sich in der Bewährungszeit wegen einer anderen Straftat, so ist es von besonderer Bedeutung, dass man keine Freiheitsstrafe ohne Bewährung bekommt. Denn sonst muss man regelmäßig nicht nur die neue Strafe verbüßen, sondern auch die Bewährung wegen der alten Freiheitsstrafe wird widerrufen, man muss also auch diese „absitzen“.

Die Chancen sind natürlich stark vom Einzelfall abhängig. Es kommt – neben den allgemeinen Strafzumessungsregeln – darauf an, wie hoch die Vorstrafe war, wie lange beide Taten auseinander liegen, wie ähnlich sie sich sind und welche Umstände vorliegen.

Allerdings ist Grundvoraussetzung für die Verhängung einer Bewährungsstrafe, dass „erwarten ist, dass der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird“. Diese Erwartung hat der Täter aber gerade enttäuscht, weil er ja eine neue Straftat begangen hat.

Darum ist es besonders wichtig, andere Gesichtspunkte zugunsten des Beschuldigten geltend zu machen. Dazu gehört zunächst eine kritische Würdigung der Aussichten, ob die neue Straftat überhaupt nachzuweisen ist. Kommt es ohnehin zu keiner Verurteilung, stellt sich die Frage nach dem Strafmaß gar nicht erst.

Erscheint ein Schuldspruch dagegen unumgänglich, muss man sich um eine Strafmilderung bemühen.

Wie kann ich trotz Vorstrafe(n) die neue Strafe möglich gering halten?

Sofern Sie die Tat wirklich begangen haben und eine Verurteilung unumgänglich scheint, muss man sich auf die Rechtsfolgen konzentrieren. Bei einer Vorstrafe ist es zumindest denkbar, dass die neue Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe führt. Darum ist hier Eile geboten und man sollte frühzeitig mit einem Rechtsanwalt eine Strategie besprechen, um möglichst glimpflich aus der Sache herauszukommen.

Das Wichtigste ist in dem Fall, das Gericht davon zu überzeugen, dass diese Straftat nun die wirklich letzte ist. Dazu gehört zum Beispiel, die Gründe für die Straftaten zu beseitigen, sei es nun Arbeitslosigkeit bei Konsumgüterdiebstählen, Alkoholabhängigkeit oder auch der „falsche Freundeskreis“. Wer hier in der Verhandlung bereits eine überzeugende Eigeninitiative darlegen kann, wird natürlich eher einen milden Richter finden.

Für die Strafhöhe ist es besonders wichtig, die Folgen der Tat nach Kräften wiedergutzumachen. Schadenersatz und Schmerzensgeld sollten unbedingt geleistet werden. Sofern Sie dieses Geld unter keinen Umständen aufbringen können, wird Ihr Anwalt Alternativen finden. Auch eine glaubhafte und persönliche Entschuldigung kann sich positiv auswirken.

Dabei sollte man aber ohne juristischen Rat vorsichtig sein. Laien, noch dazu Beschuldigte, können oft nicht abschätzen, was sich zu ihren Gunsten und was zu ihren Lasten auswirkt.

Darf ich als Angeklagter in der Verhandlung die Zeugen auch selbst befragen?

Grundsätzlich ja, der vorsitzende Richter wird auch dem Angeklagten das Wort für Fragen erteilen.

Allerdings sollten Sie jede Frage mit Ihrem Verteidiger absprechen. Hier besteht zum einen die Gefahr, dass Ihre Frage vom Gericht in einer bestimmten Weise verstanden wird und sich negativ auswirkt. Zum anderen kann es auch sein, dass ein Belastungszeuge durch eine ungeschickte Frage erst recht ins „Erzählen“ kommt.

Ein Zeuge sagt in der Verhandlung gegen mich falsch aus. Was soll ich tun?

Reden Sie mit Ihrem Verteidiger. Dieser wird notfalls eine Unterbrechung beantragen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Sollten Sie keinen Verteidiger haben, ist es schwer, einen allgemeinen Rat zu erteilen. Sie dürfen nach der Befragung durch die Staatsanwaltschaft auch selbst Fragen an den Zeugen stellen. Ob und wie Sie davon Gebrauch machen sollten, hängt vom Einzelfall ab. Sie können auch Erklärungen zur Aussage abgeben.

Keinesfalls sollten Sie jedoch „Lügner!“ quer durch den Gerichtssaal schreien oder sonst die Fassung verlieren. Das wird sich eher negativ auswirken.

Wie soll ich mich vor Gericht verhalten, wenn ich unschuldig bin?

Das kommt, wie immer, auf den Einzelfall an. Und Sie sollten es unbedingt mit Ihrem Anwalt besprechen, denn nur er kann Ihren persönlichen Fall rechtlich einschätzen.

Grundsätzlich kann man sagen, dass Glaubwürdigkeit hier ein besonders wichtiger Faktor ist und Sie sich entsprechend benehmen sollten. Der Richter muss überzeugt sein, einen glaubwürdigen Angeklagten vor sich zu haben, dem er seine Unschuldsbeteuerungen auch abnehmen kann.

Auf jeden Fall sollten Sie keine Zeugen beleidigen, sich als Opfer karriereverliebter Staatsanwälte und verlogener Polizisten darstellen. Erklären Sie ruhig und sachlich, inwiefern die Anklage gegen Sie falsch ist, welche Dinge Sie anders sehen, welche Missverständnisse evtl. vorliegen usw.

Kann ich in Abwesenheit verurteilt werden?

Normalerweise nicht.

Ein Urteil in Abwesenheit ist nur bei kleinen Delikten möglich, wenn der Angeklagte in der Ladung auf diese Variante hingewiesen wurde oder wenn der Angeklagte auf seinen Antrag hin von der Anwesenheitspflicht befreit wurde. (Siehe: Muss ich als Angeklagter zur Verhandlung kommen?)

Auch das Strafbefehlsverfahren ist praktisch ein Urteil in Abwesenheit bzw. sogar ein Urteil ohne Verhandlung.

Ansonsten ist es dem deutschen Prozessrecht fremd, jemanden zu verurteilen, der sich nicht einmal verteidigen konnte.

Hab ich ein Recht darauf, dass mein Verfahren per Strafbefehl erledigt wird?

Nein, die Wahl der Verfahrensart obliegt der Staatsanwaltschaft. Sie nimmt diesen Weg, „wenn sie nach dem Ergebnis der Ermittlungen eine Hauptverhandlung nicht für erforderlich erachtet“ (§ 407 Abs. 1 Satz 2 StPO). Es kommt also ganz auf ihre Einschätzung an und regelmäßig wird die Staatsanwaltschaft auch diesen einfachen Weg wählen. Ein Recht darauf hat der Beschuldigte aber nicht.

Was soll ich tun, wenn die Polizei bei mir vor der Tür steht?

Zunächst einmal sollten Sie – trotz allen Schrecks – die Ruhe bewahren und sofort ihren Anwalt anrufen. Je schneller Sie dies tun, desto schneller ist ihr Anwalt da und kann zu Ihren Gunsten eingreifen.

Lassen Sie sich von den Polizeibeamten zunächst sagen, warum sie da sind. Bitten Sie sie, Ihnen die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung, den Haftbefehl oder was auch immer zu zeigen. Prüfen Sie nach, ob das auch wirklich Sie betrifft – Verwechslungen kann es immer geben.

Keinesfalls sollten Sie anfangen, die Polizisten zu beleidigen, zu beschimpfen oder gar anzugreifen. Auch in der Sache sollten Sie sich nicht äußern. Denn jetzt, in diesem Stand des Verfahrens, können Sie eh nichts sagen oder tun, was Ihre Lage sofort verbessern würde. Es besteht vielmehr die Gefahr, dass Sie sich durch eine unbedachte Aussage selbst schaden. Warten Sie also auf Ihren Anwalt, um das weitere Vorgehen abzuklären.

Muss ich als Angeklagter zur Verhandlung kommen?

Ja, normalerweise schon.

Normalerweise sind sie zum persönlichen Erscheinen verpflichtet. Ausnahmen gibt es nur, wenn lediglich geringe Rechtsfolgen zu erwarten sind und der Angeklagte in der Ladung darauf hingewiesen wird, dass notfalls ohne ihn verhandelt wird. Außerdem kann der Angeklagte auch auf seinen Antrag hin von der Pflicht zum Erscheinen befreit werden.

Soweit Sie zum Erscheinen verpflichtet sind, kommen Sie dem bitte unbedingt nach. Ansonsten werden Sie nämlich zum nächsten Verhandlungstermin in Haft genommen, unter Umständen für mehrere Tage, jedenfalls aber am Morgen der Verhandlung und dann dem Gericht „vorgeführt“ (§ 230 Abs. 2 StPO). Das ist nicht nur unangenehm, sondern macht gleich einen denkbar schlechten Eindruck.

Ganz allgemein ist der persönliche Auftritt vor dem Richter aber auch eine Chance. Der Richter kennt Sie bisher nur aus den Akten und damit in erster Linie als potentiellen Straftäter. Zeigen Sie ihm also, dass Sie unschuldig sind, dass alles ganz anders war, dass Sie nur einen dummen Fehler gemacht haben, dass Sie eigentlich ein gesetzestreuer Bürger sind oder was auch immer.

Werde ich als Ausländer härter bestraft?

Nein, natürlich nicht.

Die Tatsache, dass der Täter Ausländer ist, darf sich weder zu seinen Gunsten noch zu seinen Lasten auswirken.

Allenfalls, wenn der Täter z.B. ausschließlich zur Begehung von Straftaten in die Bundesrepublik eingereist ist, ist es denkbar, dass das negativ berücksichtigt wird. Aber auch dann wird das eher ein unbedeutender Umstand sein.

Gegebenenfalls kann es sich aber auswirken, dass das Gericht nur einen bestimmten Ausschnitt aus dem Leben des Angeklagten beurteilen kann: Wer erst seit 2010 in Deutschland ist und bis 2015 drei Straftaten begeht, wird eher als Serientäter eingestuft, weil das Gericht die Zeit vor 2010 nicht beurteilen kann. Dass er davor möglicherweise 15 Jahre unbescholten in seinem Heimatland gelebt, entzieht sich dann der Kenntnis deutscher Behörden. Sofern es im Heimatland eine Art von Führungszeugnis gibt, kann es empfehlenswert sein, sich ein solches zu besorgen.

Es darf also an die Ausländer-Eigenschaft als solche nicht angeknüpft werden, es ist aber möglich, dass sich manche Dinge bei Ausländern anders darstellen als bei Inländern.

Muss ich als Ausländer Angst haben, wegen einer Straftat abgeschoben zu werden?

Normalerweise nicht, man sollte ausländerrechtliche Bestimmungen aber immer im Hinterkopf haben.

Bei EU-Ausländern sind die Hürden schon einmal derart hoch, dass sie praktisch nie relevant werden.

Bei anderen Ausländern ist die zwingende Ausweisung erst bei Freiheitsstrafen ab drei Jahren, sei es durch eine einzelne oder als Summe mehrerer Verurteilungen, vorgesehen. (§ 53 des Aufenthaltsgesetzes) Bei Freiheitsstrafen ohne Bewährung ist die anschließende Ausweisung eigentlich auch der Regelfall (§ 54 Nr. 1 AufenthG), allerdings gibt es hier in der behördlichen Praxis zahlreiche Ausnahmen.

Bei der Umwandlung einer ausländerrechtlichen Duldung in eine „Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer der beruflichen Qualifikation entsprechenden Beschäftigung“ und bei ähnlichen Statusverbesserungen kann es aber schon Probleme geben, wenn Sie zu einer Freiheitsstrafe oder zu einer mittleren Geldstrafe verurteilt werden.

In jedem Falle sollten Sie sich dann erst recht um anwaltliche Beratung und Vertretung kümmern. Denn eine Verfahrenseinstellung wird für Sie grundsätzlich sehr viel unproblematischer sein als eine Verurteilung.

Wie lange dauert ein Ermittlungsverfahren?

Das lässt sich ganz schwierig sagen.

Die meisten Verfahren werden wohl zwischen Anzeigeerstattung und Anklageerhebung oder Einstellung in einem Bereich zwischen vier und zwölf Monaten abgehandelt. Es kann aber auch einmal zwei Jahre dauern, wenn das Verfahren außergewöhnlich kompliziert ist. Einen Anspruch auf Entscheidung innerhalb einer bestimmten Zeit hat man nicht, das Verfahren soll lediglich zügig betrieben werden.

Die tatsächliche Dauer hängt von vielerlei Dingen ab, z.B. von der Belastung der Staatsanwaltschaft, insbesondere der zuständigen Abteilung und des Sachbearbeiters, von der Zahl und Verfügbarkeit der notwendigen Zeugen, von der Frage, ob Gutachten notwendig sind, welche Beweise sonst noch erhoben werden, ob die Rechtslage klar ist usw.

Wie lange dauert es von der Anklageerhebung bis zur Verhandlung?

Das kann man nicht allgemein beantworten.

Zunächst prüft das zuständige Gericht, ob die Anklage prinzipiell schlüssig ist. Dann hat der Beschuldigte, den man nun „Angeschuldigter“ nennt, die Möglichkeit zur Stellungnahme. Erst danach entscheidet das Gericht, ob es die Anklage überhaupt zulässt. Der Zeitraum ist meist überschaubar, aber einige Wochen bis Monate dauert es schon von der Einreichung der Anklage bis zur Entscheidung.

Ist die Anklage im Zwischenverfahren zugelassen worden, legt das Gericht einen Termin für die mündliche Hauptverhandlung fest. Dies soll normalerweise relativ zeitnah erfolgen, aber auch hier kann es Kapazitätsengpässe geben. Besonders dringende Prozesse, z.B. solche, bei denen der Angeklagte in Haft sitzt, können sich noch dazwischendrängen. Drei bis sechs Monate dauert es schon häufig.

Verständlicherweise ist es für den Betroffenen nicht schön, dauernd das Damoklesschwert eines Strafverfahrens über sich hängen zu haben. Trotzdem gibt es praktisch keine Möglichkeit, diese Zeit irgendwie zu verkürzen. Vor allem sollte man tunlichst davon Abstand nehmen, das Gericht zu kontaktieren und dieses (sei es auch höflich) auffordern, doch ein bisschen schneller zu arbeiten!

Was ist, wenn Staatsanwaltschaft oder Gericht für mein Verfahren zu lange brauchen?

Unter Umständen kann die Straftat dann verjähren, das ist allerdings sehr, sehr selten der Fall, da die Fristen hier relativ lang sind.

Ansonsten gibt es keine Höchstdauer für ein Strafverfahren. Es muss nur mit rechtsstaatskonformer Schnelligkeit durchgeführt werden, was ein sehr relativer Begriff ist, der sehr auf die zu behandelnde Straftat ankommt und nie in Jahren und Monaten ausgedrückt werden kann.

Dauert das Verfahren tatsächlich rechtsstaatswidrig „zu lange“, so ist die Folge nicht etwa die Einstellung der Verfahrens. Das Gericht kann dann lediglich einen Teil der Strafe (in der Regel einige Monate einer Freiheitsstrafe; entsprechend eine bestimmte Summe bei einer Geldstrafe) für bereits verbüßt erklären. Denn die Ungewissheit und der Stress, auf das Urteil warten zu müssen, ist ja bereits eine Form von Strafe. Dadurch verringert sich die tatsächlich zu verbüßende/zu zahlende Strafe immerhin etwas.

Wenn ich als Beschuldigter zum Anwalt gehe, verrät mir der dann die ganzen schmutzigen Tricks?

Nein.

Als Strafverteidiger kann man sich, auch, wenn man seinen Mandanten bestmöglich vertreten soll, der Strafvereitelung schuldig machen. So darf ein Anwalt weder selbst lügen noch seinem Mandanten zur Lüge raten. Auch darf er ihm nicht empfehlen, z.B. Beweismittel verschwinden zu lassen. Das ist etwas widersinnig, da der Beschuldigte selbst natürlich all das tun darf, da er sich nicht selbst belasten muss (nemo tenetur).

Der Anwalt darf seinen Mandanten dagegen darüber aufklären, welche Rechte er abstrakt hat. Wenn der Mandant also fragt, ob er lügen darf, darf und muss der Anwalt das korrekterweise mit ja beantworten. Will der Angeklagte dagegen gestehen, darf ihm der Anwalt nicht sagen „Lassen Sie das besser, bei der Beweislage werden Sie bestimmt freigesprochen“.

Soll ich Zeugen, die gegen mich aussagen werden, vorher kontaktieren?

Keinesfalls.

Auch, wenn Sie diese mit durchaus legitimen Absichten aufsuchen wollen, sollten Sie unbedingt davon Abstand nehmen. Dies wird Ihnen mit absoluter Sicherheit als Versuch einer unrechtmäßigen Beeinflussung, vielleicht sogar als strafbare Anstiftung zu einer Falschaussage bzw. Nötigung ausgelegt.

Unter Umständen kann das sogar bedeuten, dass Sie in Untersuchungshaft genommen werden, weil Verdunklungsgefahr besteht.

Sollten Sie der Meinung sein, Sie müssten einem Zeugen unbedingt etwas mitteilen, dann reden Sie auf jeden Fall mit Ihrem Verteidiger. Er weiß eher, wie man den Kontakt herstellen kann, ohne dass ein schlechtes Licht auf Sie fällt. Und er wird Ihnen je nach Situation auch ganz davon abraten – hören Sie dann auf ihn!

Ist eine Verfahrenseinstellung nach § 153 StPO endgültig?

Das kommt darauf an: Wenn die Einstellung durch das Gericht erfolgt, dann ist sie grundsätzlich endgültig, erfolgt sie durch die Staatsanwaltschaft, dann nicht.

Staatsanwaltschaftliche Einstellungen gemäß § 153 Abs. 1 StPO stehen einer Wiederaufnahme nicht entgegen. Sobald neue Beweismittel vorliegen, ist es möglich, das Ermittlungsverfahren weiterzuführen.

Wurde jedoch nach Anklageerhebung durch das Gericht (mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft) eingestellt, verhält es sich etwas anders. Sicher ist, dass hier das Verfahren neu aufgenommen werden kann, wenn es sich um ein Verbrechen handelt; dies wird analog zu § 153a StPO begründet, da in diesem Fall die Einstellung nur gegen eine Auflage erfolgt und selbst hier die Verfolgung wegen eines Verbrechens möglich bleibt. Ob bei einer lediglich schwereren als der ursprünglich angenommenen Schuld auch eine Wiederaufnahme möglich ist, ist dagegen umstritten. Der BGH verneint dies bisher, die Literatur sieht das eher kritisch. Wahrscheinlich wird es hier früher oder später zu einer Entscheidung des Großen Senats beim BGH kommen.

Soll ich Beweise gegen mich verschwinden lassen?

Nein, auf keinen Fall. Das Vernichten von Beweisen kann auf Verdunklungsgefahr deuten und so schlimmstenfalls sogar zu Untersuchungshaft führen.

Kann mein Anwalt Beweismittel gegen mich sicher aufbewahren?

Nein, dafür ist der Anwalt ganz einfach nicht da. Man kann und sollte dem Anwalt die Möglichkeit geben, Kopien von Dokumenten, Bilder von Beweisstücken und Duplikate von Computerdateien zu erstellen. Diese könnte er für seine Verteidigungsarbeit brauchen, darum sollte er sie möglichst früh in seine Akten nehmen können. Aber für das Aufbewahren oder gar Verstecken der Original-Beweisstücke sind die Handakten des Anwalts nicht geeignet. Werden die Handakten zweckentfremdet, kann es unter Umständen sein, dass diese nicht mehr durch das Beschlagnahmeverbot geschützt werden.

Soll ich Beweise zu meiner Entlastung beschaffen?

Ja, unbedingt. Da es am besten ist, wenn man das Verfahren bereits in der Ermittlungsphase zum Ende bringen kann, sollte man möglichst früh an seiner Verteidigung arbeiten. Was man aber keinesfalls machen sollte, ist:

  • Lügengebilde konstruieren
  • andere Personen falsch belasten
  • Zeugen beeinflussen
  • Beweise fälschen
  • Beweise verschwinden lassen
Kostet ein erstes Gespräch mit dem Anwalt sofort Geld?

Das kommt darauf an. Ein Erstberatungsgespräch ist grundsätzlich auch in Strafsachen kostenpflichtig und kostet maximal 190 Euro. Allerdings bieten manche Anwälte an, zunächst ein kostenloses Sondierungsgespräch zu führen, um die Sachlage zu klären und die Übernahme des Mandats zu besprechen.

Ist ein Stundenhonorar beim Anwalt üblich?

In Strafsachen schon. Dies ist hier auch sehr fair, da die Stundenabrechnung die tatsächliche Arbeit des Verteidigers vergütet und nicht auf Pauschalen zurückgreifen muss. Auch für den Beschuldigten kann dies von Vorteil sein, da der Anwalt häufig eine schnelle Einstellung erreichen kann. Um bei längeren Verfahren zu verhindern, dass das Honorar zu hoch wird, rechnen manche Anwälte sporadisch ab oder geben einen Zwischenstand über die bisher angefallenen Stunden.

Gibt es im Strafrecht Erfolgshonorare?

Theoretisch sind wohl auch im Strafrecht Erfolgshonorare unter den engen Voraussetzungen des § 4a RVG zulässig. Allerdings kommen diese in der Praxis kaum vor und sind wohl auch mit der Natur des Strafverfahrens und der Rolle des Verteidigers schwer vereinbar.

Wann verjährt eine Straftat?

Die Verjährungsdauer richtet sich nach der Schwere der Straftat. Die allermeisten „alltäglichen“ Straftaten verjähren nach fünf Jahren.

Allerdings muss man, um die Verjährung abschätzen zu können, zunächst wissen, welche Straftat(en) überhaupt verwirklicht sind. Hierfür ist meist anwaltliche Beratung notwendig.

Kann ich durch Behinderung des Verfahrens die Verjährung herbeiführen?

In der Regel nicht. Zum einen lässt sich die Staatsanwaltschaft gar nicht so leicht behindern. Durch bloßes – freilich legitimes – Nichtkooperieren verzögert man das Verfahren nicht wesentlich. Außerdem führen viele Ermittlungsmaßnahmen zum Neubeginn der Verjährungsfrist, die dann wiederum mehrere Jahre dauert.

Kann ich eine Straftat nach Eintritt der Verjährung gestehen?

Theoretisch ja, da dann die Verfolgung nicht mehr möglich ist. Es empfiehlt sich aber nicht, da man nie hundertprozentig sicher sein kann, dass die Verjährung wirklich schon eingetreten ist.

Wie sind die Erfolgsaussichten in der Berufung?

Mäßig. Zwar beurteilt das Berufungsgericht den gesamten Sachverhalt noch einmal neu, sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht. Aber regelmäßig schließt sich das Berufungsgericht der Entscheidung des Erstgerichts an – denn es gibt normalerweise wenig Anlass, eine andere Bewertung vorzunehmen.

Trotzdem sollte man natürlich die Möglichkeit der Berufung ergreifen, wenn man mit dem Urteil der Vorinstanz unzufrieden ist. Allerdings empfiehlt sich dann eine detaillierte Vorbesprechung mit dem Anwalt.

Wie sind die Erfolgsaussichten in der Revision?

Relativ gering. Die Revision ist auf Rechtsfehler im Verfahren oder im Urteil beschränkt und solche liegen normalerweise recht selten vor. Die Chancen können aber durch Anwälte, die sich auf die Anfertigung von Revisionsschriften spezialisiert haben, deutlich gesteigert werden.

Geht mein Anwalt mit mir bis in die letzte Instanz?

Das kommt darauf an.

Es gibt Anwälte, die nur das Ermittlungsverfahren betreuen und nicht einmal die Hauptverhandlung übernehmen. Dies ist durchaus kritisch zu sehen, da sich der Verteidiger dann in relativ kurzer Zeit komplett in den Fall einarbeiten muss.

Zwischen den verschiedenen Instanzen muss man dagegen unterscheiden: Die Revision, die letzte fachgerichtliche Instanz, ist auf eine bloße Rechtsprüfung beschränkt und folgt sehr komplizierten Regeln. Hier empfiehlt es sich tatsächlich, dass man einen hierauf spezialisierten Anwalt beauftragt. Insoweit sollte man seinen Verteidiger ehrlich fragen, ob er auch die Revision übernimmt oder man sich lieber einen Spezialisten nehmen sollte.

Darf ich den Anwalt während des Verfahrens wechseln?

Ja, jeder Beschuldigte muss selbst wissen, ob er seinen Anwalt lieber wechselt, wenn er mit dem bisherigen nicht zufrieden ist. In der Hauptverhandlung kann es aber passieren, dass das Gericht den soeben entlassenen Wahlverteidiger zum Pflichtverteidiger ernennt, wenn ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt und kein anderer Anwalt zur Verfügung steht, um das Verfahren zügig fortzusetzen.

Verbessert ein Anwaltswechsel während des Verfahrens meine Chancen?

Nein. Man sollte einen Anwaltswechsel nur davon abhängig machen, ob man dem Anwalt vertraut und mit ihm zusammenarbeiten kann. Prozesstaktische Überlegungen führen hier meistens zu nichts.

Darf die Staatsanwaltschaft Akten meines Anwalts beschlagnahmen?

Nein, die Akten des Anwalts unterliegen gemäß § 97 i.V.m. § 53 Abs. 1 Nr. 2 StPO einem Beschlagnahmeverbot. Dies ist rechtsstaatlich geboten, da ansonsten die Gefahr bestünde, dass der Anwalt seinen Mandanten über die Akten belastet.

Verbessert es meine Chancen, wenn ich mehrere Anwälte habe?

Nicht wirklich. Zwar ist es möglich, bis zu drei Anwälte zu engagieren (http://beschuldigten-notruf.de/2014/11/kann-ich-auch-mehrere-anwaelte-haben/), allerdings bedeutet das nicht, dass die Verteidigung dadurch zielführender oder erfolgversprechender ist. Denn die Anwälte können sich die Arbeit nur in geringem Maße teilen, über die wesentlichen Verfahrensentwicklungen müssen sich alle Verteidiger persönlich auf dem Laufenden halten. Nur bei wirklich komplexen Fällen kann es ratsam sein, einzelne Aufgaben auf verschiedene Anwälte zu verteilen.

Kann ich im Ermittlungsverfahren auch Privatdetektive beauftragen?

Ja, allerdings wird man die Kosten dafür in aller Regel selbst tragen müssen. Ein Privatdetektiv kann auch nur in den seltensten Fällen echte Ermittlungen anstellen wie die Staatsanwaltschaft. In erster Linie wird man ihn nur ganz spezifische Fragen klären lassen können.

Erhalte ich eine Entschädigung für das Verfahren, wenn ich unschuldig bin?

Für das Verfahren an sich gibt es normalerweise – über ggf. die Kostenerstattung hinaus – keine Entschädigung, für Verdienstausfall durch die Hauptverhandlung und die Untersuchungshaft dagegen schon. Entschädigung für Zeitversäumnis wird gemäß § 464a Abs. 2 Nr. 1 StPO nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) gewährt. Für Haftzeiten wird zudem eine minimale Entschädigung von 25 Euro pro Tag für immaterielle Schäden gezahlt. Näheres dazu steht im Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG).

Soll ich direkt an die Schöffen appellieren?

Bei schwereren Straftaten sind neben dem Berufsrichter/den Berufsrichtern fast immer zwei ehrenamtliche Richter (Schöffen) mit gleichem Stimmrecht beteiligt. Diese verfügen bei allen Spruchkörpern über ausreichend Stimmen, um einen Schuldspruch zu verhindern oder auch das Strafmaß abzumildern.

Es ist durchaus legitim, an diese gesondert zu appellieren. Das es sich bei diesen nicht um Juristen handelt, mag es sein, dass sie vielleicht manches anders sehen als die Richter. Allerdings sollte man sich keine Illusionen dahingehend machen, dass diese ihr Stimmrecht auch nachdrücklich gegen die Berufsrichter wahrnehmen. Häufig schließen sich die Schöffen deren Vorum an.

Hat der Staatsanwalt es in der Hand, wie das Verfahren läuft?

In vielerlei Hinsicht ja.

Die Staatsanwaltschaft entscheidet weitestgehend frei, ob und wie sie ermittelt und wie sie ein Verfahren zu Ende bringt (Einstellung, Strafbefehl, Anklage). Die StPO ist vom Offizialgrundsatz mittlerweile weitgehend abgewichen und lässt viele Ermessensentscheidungen zu.

Allerdings darf man den Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung nicht mit dem ermittelnden Staatsanwalt verwechseln. Diese können durchaus personenverschieden sein. Und zudem unterstehen beide dem Gruppenleiter oder anderen Dienstvorgesetzten. Diese haben häufig feste Vorschriften, wie bestimmten Verfahrenskategorien zu erledigen sind.

Soll ich mir vorher eine andere Verhandlung anschauen?

Ja, das ist zu empfehlen. So lernen Sie das gerichtliche Verfahren kennen und fühlen sich vielleicht in Ihrer Verhandlung nicht ganz so verloren. Zudem merken Sie, dass man als Angeklagter nicht nur die Position eines verdammungswürdigen Übeltäters hat, sondern durchaus seine Position vertreten kann.

Kann ich mich darauf berufen, dass ich eine bestimmte Tat aus Glaubens- oder Gewissensgründen begangen habe?

In aller Regel nicht. Unter Umständen kann die Glaubensfreiheit zwar dazu führen, dass Handlungen gerechtfertigt oder entschuldigt sind, zu denen sich der Täter aufgrund seines Glaubens oder Gewissens verpflichtet fühlte. Dies kann aber immer nur ultima ratio sein und die Voraussetzungen dafür sind extrem hoch.

Soll ich mir vorher eine andere Verhandlung meines Richters anschauen?

Auch dazu würde ich durchaus raten. Dann kennt man die Art des Richters und kann einschätzen, wie er auf bestimmte Verhaltensweisen reagiert.

Über die Geschäftsstelle des Gerichts kann man leicht herausfinden, wann der Richter, der in der Ladung steht, vorher noch andere Verhandlungen durchführt. Allerdings sollte man keinesfalls den Verdacht hervorrufen, man wolle den Richter beeinflussen.

Ab wann gilt man als vorbestraft?

Eine Vorstrafe hat man grundsätzlich bei jeder Verurteilung wegen einer Straftat. Entscheidend ist aber in der Regel, ob diese auch im Bundeszentralregisterauszug (Führungszeugnis) auftaucht. Dies ist gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 5 nur der Fall, wenn
die einzelne Vorstrafe über 90 Tagessätze (oder drei Monate Freiheitsstrafe) hinausgeht oder
mehrere Vorstrafen eingetragen sind.

Ich darf auf keinen Fall eine Vorstrafe haben. Wie kann ich das verhindern?

Das ist schwierig. Sie sollten Ihren Anwalt unbedingt darauf hinweisen, dass dies für sie besonders wichtig ist, damit er seine Strategie daran ausrichten kann.

Erste Priorität sollte es dann sein, auf eine Einstellung, ggf. gegen Auflagen hinzuwirken. Dabei kann es durchaus sein, dass eine höhere Geldauflage einer niedrigeren Geldstrafe vorzuziehen ist, weil erstere nicht im Führungszeugnis eingetragen wird.

Falls dies nicht erfolgversprechend ist, kann unter Umständen ein Geständnis anzudenken sein, weil dies möglicherweise die zu erwartende Strafe unter den Schwellenwert für die BZR-Aufnahme senkt.

Ich darf auf keinen Fall meinen Führerschein verlieren. Wie kann ich das verhindern?

Das ist schwierig. Sie sollten Ihren Anwalt unbedingt darauf hinweisen, dass dies für sie besonders wichtig ist, damit er seine Strategie daran ausrichten kann.

Für viele Delikte ist ein vorübergehendes Fahrverbot von ein bis drei Monaten vorgesehen. Teilweise kann auch die Fahrerlaubnis ganz entzogen werden, dann muss sie erst nach einer bestimmten Sperrzeit neu erteilt werden.

Kann mein Anwalt prognostizieren, wozu ich verurteilt werde?

Innerhalb gewisser Grenzen schon, die endgültige Entscheidung obliegt dann aber dem Gericht. Während des Verfahrens ist zudem oft noch nicht klar, von welchen Delikte Gericht und Staatsanwaltschaft ausgehen werden, welche Schadenshöhe vorliegt usw.

Soll ich auf eine Anzeige mit einer Gegenanzeige reagieren?

Ein häufiger Reflex auf eine Anzeige ist, dem Anzeigenden seinerseits mit einer Anzeige wegen falscher Verdächtigung zu drohen. Dies bringt aber in den seltensten Fällen etwas. Insbesondere macht das den zunächst Angezeigten nicht glaubwürdiger und ändert auch nichts an der staatsanwaltlichen Ermittlungsarbeit. Stellt sich nach Abschluss der Ermittlungen heraus, dass die Anzeige vorsätzlich falsch war, wird in der Regel ohnehin ein Verfahren gegen den Anzeigenden eingeleitet.

Wie lange darf ein Ermittlungsverfahren dauern?

Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Eine absolute Grenze ist natürlich das Eintreten der Verjährung, das bedeutet aber auch wieder nicht, dass sich die Staatsanwaltschaft so lange Zeit lassen kann.

Grundsätzlich muss das Verfahren ordnungsgemäß beschleunigt und zügig durchgeführt werden. Andererseits dürfen auch notwendige zeitraubende Ermittlungsmaßnahmen wie Sachverständigengutachten durchgeführt werden.

In der Anzeige gegen mich wird alles falsch dargestellt. Was soll ich machen?

Die Tatsachen, die dem Beschuldigten vorgeworfen werden, werden fast immer anders dargestellt als sie dieser selbst empfunden hat. Gerade bei der Vernehmung durch die Polizei sind die Betroffenen dann häufig völlig empört, dass der Anzeigeerstatter sie derart verleumdet.

Wenn es Ihnen auch so geht: Bewahren Sie Ruhe. Es bringt niemandem etwas, wenn Sie angesichts der Vorwürfe, so falsch sie auch sein mögen, völlig ausflippen. Das wirft dann eher ein schlechtes Bild auf Sie und Ihre Glaubwürdigkeit. Beschimpfen und beleidigen Sie niemanden, stoßen Sie keinesfalls Drohungen aus.

Falls Sie sich im Stande sehen, die Vorwürfe sachlich zu widerlegen, schildern Sie ganz ruhig Ihre Sicht der Dinge. Bestätigen Sie das, was zutreffend ist, und stellen Sie ganz klar, was Sie anders sehen.

Falls der Sachverhalt zu komplex ist, um sich ad hoc zu äußern, sagen Sie, dass Sie vorerst nichts aussagen wollen. Dann haben Sie die Möglichkeit, die Tatsachen noch einmal zu überdenken und sich schriftlich fundiert zu äußern. Unter Umständen wird es auch sinnvoll sein, doch noch einen Anwalt zu konsultieren.

Was bedeutet erkennungsdienstliche Behandlung?

Die erkennungsdienstliche Behandlung umfasst gemäß § 81b StPO:

  • Lichtbildaufnahmen
  • die Abnahme von Fingerabdrücken
  • Messungen
  • ähnliche Maßnahmen

Sinn dieser Maßnahmen ist die Feststellung der Täterschaft (z.B. Abgleich von Fingerabdrücken oder Vorlage von Photos an Zeugen) und der Erkennungsdienst (Aufnahme in eine Datenbank).

Kann ich mich gegen eine erkennungsdienstliche Behandlung wehren?

Nein, die Abnahme von Fingerabdrücken, die Aufnahme von Photos u.ä. kann auch gegen den Willen des Beschuldigten passieren.

Der Grundsatz, dass man sich nicht selbst belasten muss, gilt hier nicht. Denn man muss ja keine Aussage gegen sich selbst abgeben, sondern „nur“ seinen Körper als Beweismittel zur Verfügung stellen.

Kann ich mich gegen eine Blutabnahme wehren?

Nein, auch als Beschuldigter muss man eine körperliche Untersuchung einschließlich der Blutabnahme dulden.

Wie verhalte ich mich bei der Hausdurchsuchung?

Wenn die Polizei vor der Tür steht, was gern in aller Frühe passiert, sind Sie wahrscheinlich erst einmal geschockt. Niemand rechnet mit einem solchen Besuch.

  • Bewahren Sie Ruhe.
  • Als erstes sollten Sie sich den Durchsuchungsbeschluss zeigen lassen, um sicher zu gehen, dass es sich um keine Verwechslung handelt – ja, auch das kommt vor.
  • Danach sollten Sie die Polizeibeamten hereinlassen. Sich hier dagegenzustellen, bedeutet nur, dass der Einlass mit Gewalt durchgesetzt wird, was für Sie keinerlei Vorteil bringt.
  • Zur Sache sollten Sie sich auf keinen Fall äußern. Sie kennen die Beschuldigung nicht, können im Moment keinen klaren Gedanken fassen und sind nicht anwaltlich beraten. Hören Sie sich an, was Ihnen die Beamten sagen, aber sagen Sie dazu nichts.
  • Kontaktieren Sie Ihren Anwalt.
  • Bei der Durchsuchung selbst müssen Sie in keiner Weise mitwirken. Sie müssen keine Beweismittel herausgeben oder über deren Verbleib Auskunft geben. Umgekehrt dürfen Sie aber die Durchsuchung nicht verhindern.
  • Vernichten Sie keine Beweismittel. Wenn Sie das tun, besteht praktisch automatisch Verdunklungsgefahr, die Sie unter Umständen in Untersuchungshaft bringen kann.
  • Nehmen Sie die Schriftstücke, die Ihnen die Polizei gibt, entgegen. Dazu gehört meistens eine Durchschrift des Beschlusses, ein Protokoll und eine Visitenkarte des zuständigen Polizisten. Bewahren Sie alles auf, Ihr Anwalt wird (falls er noch nicht eingetroffen ist) darüber sehr dankbar sein.
Soll ich mit dem Tatopfer Kontakt aufnehmen?

Nein. Davon ist in jedem Fall abzuraten.

Jeder persönliche Kontakt sollte zunächst vermieden werden, da er falsch interpretiert werden könnte. Es ist immer möglich, dass das angebliche Opfer dies als als Drohung oder Beeinflussung versteht. Dann haben Sie sich vielleicht noch einmal strafbar gemacht oder, fast noch schlimmer, die Staatsanwaltschaft unterstellt Ihnen Verdunklungsabsichten und nimmt Sie in Untersuchungshaft.

Wenn Sie dem Opfer unbedingt etwas sagen wollen, dann machen Sie dies über Ihren Anwalt. Dieser kann eine Entschuldigung übermitteln, Entschädigungszahlungen anbieten o.ä.

Falls Sie sich unschuldig fühlen, haben Sie erst recht keinen Anlass dazu, mit dem Anzeigeerstatter zu korrespondieren. Diesen werden Sie von Ihrer Unschuld nicht mehr überzeugen können. Vielleicht hat er Sie sogar absichtlich falsch verdächtigt – dann wird er jede Kontaktaufnahme erst recht zu Ihren Ungunsten auslegen und dies sofort der Polizei oder Staatsanwaltschaft mitteilen.

Kann ich einen Staatsanwalt wegen Befangenheit ablehnen?

Nein, grundsätzlich nicht. Ein befangener Staatsanwalt kann allenfalls ein Revisionsgrund sein. Abgelehnt werden können aber nur Richter.

Ist eine Honorarvereinbarung in Strafsachen üblich?

Ja, die allermeisten Mandate werden über eine Honorarvereinbarung entlohnt. Eine solche Vereinbarung ist sehr viel individueller als die Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG).

Die RVG-Vorschriften helfen zudem meist nicht viel weiter, weil bspw. die Einarbeitung in den Fall (Grundgebühr plus Verfahrensgebühr) zwischen 80 und über 800 Euro liegen kann. Um die Kosten einigermaßen verlässlich zu kalkulieren, müsste also ohnehin vereinbart werden, wo in diesem Rahmen man sich ungefähr bewegen will.

Als Beschuldigter zur Vernehmung geladen

Wenn Sie als Beschuldigter zur Vernehmung bei der Polizei geladen sind, sollten Sie keinesfalls aussagen. Dabei können Ihnen verschiedene Fehler unterlaufen, die in der Realität laufend vorlaufen. Für den Beschuldigten bedeutet dies dann, dass er sich unter Umständen selbst belastet hat und er dies im Laufe des Verfahrens nur mit großer Mühe oder auch gar nicht wieder korrigieren kann.

Sinnvoll ist es vielmehr, zunächst nichts auszusagen und über einen Anwalt Akteneinsicht nehmen zu lassen. Anschließend kann eine ausführliche und zielgerichtete schriftliche Stellungnahme erfolgen.

Mehr dazu finden Sie im anwalt.de-Artikel von Rechtsanwalt David Grziwa, Strafverteidiger aus München.

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