Strafprozess – Strafbefehl

Strafbefehl

Wann kann ein Strafbefehl vor der Hauptverhandlung ergehen?

Ein Strafbefehl als Verfahrensabschluss gemäß § 407 StPO ist möglich, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Es handelt sich um ein Vergehen.
  • Ein hinreichender Tatverdacht liegt vor.
  • Eine Hauptverhandlung ist nicht notwendig.
  • Nur Geldstrafe, Fahrverbot sowie eine Entziehung der Fahrerlaubnis mit maximal zwei Jahren Sperrfrist sollen festgesetzt werden. Gegen einen verteidigten Beschuldigten auch maximal ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung.
Wie wird der Strafbefehl durch den Staatsanwalt beantragt?

Nachdem der Abschluss der Ermittlungen verfügt ist (§ 169a StPO), kann der Staatsanwalt beim zuständigen Gericht den Strafbefehl beantragen. Dies geschieht in aller Regel durch Beilegen eines unterschriftsfertigen Entwurfs.

Wann erlässt der Richter den Strafbefehl?

§ 408 Abs. 3 Satz 1 sagt:

Der Richter hat dem Antrag der Staatsanwaltschaft zu entsprechen, wenn dem Erlaß des Strafbefehls keine Bedenken entgegenstehen.

Der Richter übt aber nicht etwa nur eine Rechtskontrolle aus, sondern muss positiv der Meinung sein, dass der Strafbefehl das richtige Urteil in der Sache darstellt, sowohl im Bezug auf den Schuldspruch als auch auf das Strafmaß.

Was passiert, wenn der Richter Bedenken gegen den Strafbefehl hat?

Zunächst kann er diese der Staatsanwaltschaft mitteilen und ihr so die Möglichkeit geben, den Strafbefehl mit einem anderen Inhalt zu beantragen. Führt dies zu keiner Lösung oder ist er sowieso der Meinung, dass eine Hauptverhandlung sinnvoll ist, beraumt er diese an, § 408 Abs. 3 Satz 2.

Ist die Sache erledigt, wenn der Richter den Erlass des Strafbefehls mangels hinreichenden Tatverdachts abgelehnt hat?

Noch nicht ganz, die Staatsanwaltschaft hat noch die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde. § 408 Abs. 2 Satz 2 verweist insoweit auf das Verfahren der Nichtzulassung einer Anklage, wogegen gemäß § 210 Abs. 2 die sofortige Beschwerde möglich ist.

Wie wird der Strafbefehl erlassen?

Der Strafbefehl wird durch den Richter unterschrieben und dann in Ausfertigung an den Angeklagten oder gemäß § 145a Abs. 1 StPO an den Verteidiger bekanntgegeben. Dies muss gemäß § 410 Abs. 1 und § 35 Abs. 2 durch förmliche Zustellung passieren.

Wie ist der Strafbefehl formuliert?

Der Strafbefehl enthält im Wesentlichen dieselben Ausführungen wie die Anklageschrift, er wird aber an den Angeschuldigten adressiert und spricht diesen daher direkt an. Es heißt dann „Sie haben dies oder jenes getan“ und „Gegen Sie wird daher eine Geldstrafe von … festgesetzt“.

Welches Rechtsmittel gibt es gegen den Strafbefehl?

Der Strafbefehl ist nur hinsichtlich seiner Rechtsfolgen ein Urteil, nicht aber hinsichtlich seiner Anfechtbarkeit. Daher gibt es einen besonderen Rechtsbehelf, den Einspruch (§ 410 Abs. 1 Satz 1 StPO).

Kann der Einspruch auch auf einzelne Punkte beschränkt werden?

Ja, dies ist gemäß § 410 Abs. 2 möglich. Der Einspruch kann sich danach nur auf bestimmte abgeurteilte Straftaten beziehen. Auch eine Hinnahme des Schuldspruchs unter Anfechtung der Strafhöhe ist möglich. Schließlich kann auch nur die Höhe der Tagessätze angefochten werden, während man mit der Zahl der Tagessätze einverstanden ist; in diesem Fall ist auch ein schriftliches Verfahren möglich, § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO.

Die Beschränkung hat den Vorteil, dass die nicht angefochtenen Punkte unmittelbar rechtskräftig werden und damit keine Verschlechterung insofern droht. Ihr Anwalt wird Sie dahingehend beraten, welches Vorgehen sinnvoll ist.

Wie muss der Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt werden?

Die Modalitäten des Einspruchs richten sich nach § 410 StPO Abs. 1 Satz 1 StPO. Dieser ist schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim erlassenden Gericht einzulegen. Die Frist beträgt zwei Wochen ab Zustellung.

Kann ein Einspruch gegen den Strafbefehl auch negative Folgen für den Angeklagten haben?

Ja, es gibt hier kein Verbot der reformatio in peius, § 411 Abs. 4. Soweit der Einspruch einlegt wurde, kann das Gericht also bspw. wegen einer schwereren Straftat verurteilen oder zu einer höheren Strafe kommen. Daher kann es sinnvoll sein, den Einspruch auf einzelne Punkte zu beschränken.

Kann man den Einspruch gegen den Strafbefehl auch zurücknehmen, wenn man merkt, dass die Verhandlung zu seinen Ungunsten ausgehen könnte?

Ja, aber nur mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft, §§ 411 Abs. 3 Satz 2, 303 StPO. Diese Zustimmung wird die Staatsanwaltschaft häufig verweigern, wenn sie merkt, dass sie im Strafbefehl noch von zu günstigen Voraussetzungen für den Angeklagten ausgegangen ist.

Wie wird ein unzulässiger Einspruch behandelt?

Wurde der Einspruch unzulässig eingelegt, also die Form oder Frist nicht gewahrt, so wird er durch das Gericht verworfen.

Die Verwerfung erfolgt regelmäßig ohne Verhandlung nur durch Beschluss, § 411 Abs. 1 Satz 1. Hiergegen ist die sofortige Beschwerde gemäß § 311 (Frist: eine Woche) möglich.

Wurde die Unzulässigkeit erst im auf den Einspruch ergehenden Hauptverhandlungstermin erkannt, erfolgt die Verwerfung durch ein (ganz normales) Urteil, das mit den dagegen bestehenden Rechtsmitteln angefochten werden kann, in der Regel also durch Berufung.

Wie läuft die Beweiserhebung bei einer Hauptverhandlung auf Einspruch gegen einen Strafbefehl ab?

Grundsätzlich handelt es sich um eine ganz normale Hauptverhandlung. Dass zu vor ein Strafbefehl ergangen ist, gegen den Einspruch eingelegt wurde, ist nicht besonders erheblich.

Einen Unterschied gibt es aber hinsichtlich der Beweiserhebung: Gemäß § 411 Abs. 2 gilt insoweit die Bestimmung des § 420 Abs. 4 über das beschleunigte Verfahren. Diese wiederum verweist (nur) auf § 244 Abs. 2, wonach das Gericht die Erforschung der Wahrheit zu veranlassen hat. Damit können Beweisanträge leichter abgelehnt werden als dies nach Abs. 3 und 4 eigentlich vorgesehen ist.

Wie lautet das Urteil im Verfahren über den Einspruch gegen den Strafbefehl?

Der Tenor des Urteils lautet wie üblich: Es wird festgestellt, welcher Delikte der Angeklagte schuldig ist, und anschließend eine (Gesamt-) Strafe verhängt. Der Strafbefehl wird also nicht abgeändert oder aufgehoben, der Einspruch nicht zurückgewiesen o.ä., sondern es gibt ein komplett eigenständiges Urteil.

Wie lautet das Urteil im Verfahren über den Einspruch gegen den Strafbefehl, wenn der Einspruch auf das Strafmaß beschränkt war?

In diesem Fall bezieht sich das Gericht auf den Schuldspruch des Strafbefehls und spricht anschließend selbstständig die zu verhängenden Rechtsfolgen aus.

Welche Rechtsmittel gibt es, wenn der Einspruch gegen den Strafbefehl wegen Ausbleibens des Angeklagten verworfen wird?

Nimmt der Angeklagte, der Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt hat, nicht an der Hauptverhandlung über den Einspruch teil, wird sein Einspruch gemäß § 329 Abs. 1 StPO verworfen, da § 412 Satz 1 die Vorschrift für anwendbar erklärt. Hiergegen kann er die gegen ein normales Urteil zulässigen Rechtsmittel einlegen, also Berufung (§ 312 StPO) oder Sprungrevision (§ 335). Zudem ist bei unverschuldetem Ausbleiben Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 412 Satz 1, 329 Abs. 7 möglich.

Wann kann ein Strafbefehl wieder aufgehoben werden?

Grundsätzlich wirkt ein Strafbefehl wie ein Urteil. Allerdings kann das Verfahren nach Abschluss per Strafbefehl leichter wieder aufgenommen werden, § 373a Abs. 1. Hier reichen schon neue Tatsachen oder Beweismittel, die die Verurteilung wegen eines Verbrechens ermöglichen. Hintergrund ist, dass bei Vorliegen eines Verbrechens von Anfang an das Strafbefehlsverfahren unmöglich gewesen wäre.

Wann kann ein Strafbefehl in der Hauptverhandlung ergehen?

Grundsätzlich nur, wenn der Angeklagte nicht erschienen ist, § 408a StPO. Zudem müssen aber auch die anderen Voraussetzungen eines „normalen“ Strafbefehls vorliegen. Im Übrigen gelten dann die allgemeinen Vorschriften über den Strafbefehl und dessen Anfechtbarkeit.

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